Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. Weitergeltung. gekündigter Vertrag. Leistungserbringer. einstweiliger Rechtsschutz. Nichtigkeit. Beachtung des Gleichheitssatzes

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Vertrag zwischen einem nichtärztlichen Leistungserbringer und einer gesetzlichen Krankenkasse gekündigt, die vertragliche Beziehung grundsätzlich nicht fortgeführt, sondern der Leistungserbringer nach Beendigung des Vertrages nur noch in wenigen Einzelfällen von der Krankenkasse in Anspruch genommen, so kann hierin in der Regel nicht der Wille der Krankenkasse zur Fortführung des gekündigten Vertrages gesehen werden. Der Grundsatz der Weitergeltung des gekündigten Vertrages bis zum Abschluß einer neuen Vereinbarung greift in diesen Fällen nicht ein (Fortführung von LSG Celle, vom 11.8.1997 - L 4 KR 88/97 eR).

 

Orientierungssatz

1. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nur dann statthaft, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (vgl BVerfG vom 19.10.1977 - 2 BvR 42/76 = BVerfGE 46, 166).

2. § 134 BGB findet auf Verträge gemäß § 132 SGB 5 unmittelbare Anwendung, da es sich insoweit um privatrechtliche Verträge handelt.

3. Art 3 Abs 1 GG, dessen Schutzbereich betroffen ist, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird, ist gemäß Art 1 Abs 3 GG von öffentlichen Einrichtungen auch dann zu beachten, wenn sie in privatrechtlichen Handlungsformen agieren.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist Inhaberin eines Pflegedienstes in J Zum 1. Juli 1995 war sie erstmalig zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen mit häuslicher Krankenpflege berechtigt. Am 30. August 1996 vereinbarten die Antragstellerin auf der einen Seite und die Antragsgegnerin sowie der Verband der Angestelltenkrankenkassen auf der anderen Seite einen Vertrag gem. § 132 SGB V über die Erbringung häuslicher Krankenpflege gem. § 37 Abs. 1 und 37 Abs. 2 S. 1 SGB V. § 11 des Vertrages lautet wie folgt:

"Diese Vereinbarung tritt am 01.09.1996 in Kraft und endet am 31.12.1996. Einer Kündigung bedarf es nicht."

§ 7 des Vertrages bestimmt, daß die ausgeführten Leistungen nach Anlage 3 vergütet werden. Anlage 3 enthält eine Vergütungsvereinbarung häuslicher Krankenpflege, die nach Buchstaben D mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden kann. Zu dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses waren nach dem Vortrag der Antragstellerin bereits alle im Landkreis Harburg bestehenden Verträge gem. § 132 SGB V gekündigt worden. Mit Schreiben vom 27. September 1996 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, daß die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen exorbitante Ausgabensteigerungen durch Mengenausweitungen festgestellt hätten, und die erhoffte Kompensation im Krankenhausbereich nicht eingetreten sei. Diese Situation und das Beitragsentlastungsgesetz verlangten Kosteneinsparungen, die durch neue vertragliche Regelungen mit den Leistungsanbietern für häusliche Krankenpflege umzusetzen seien. In Anbetracht dessen sei sie, die Antragsgegnerin, leider gezwungen, die Verträge zum 31. Dezember 1996 zu kündigen. Mit Schreiben vom 20. Januar 1997 wurde der Antragstellerin ein neues Vertragsangebot unterbreitet, das diese nicht angenommen hat. Mit gemeinsamem Schreiben der Antragsgegnerin und des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen vom 20. Februar 1997 wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, daß ab 1. Januar 1997 keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden könnten. Dies wurde nach den vorgenannten Schreiben auch in mehreren persönlichen Gesprächen zum Ausdruck gebracht.

Gleichwohl bewilligte die Antragsgegnerin in der Zeit ab 1. Januar 1997 die Gewährung häuslicher Krankenpflege für die Versicherten S betreffend die Zeit vom 15. Januar bis 24. Januar 1997, für die Versicherte W betreffend die Zeit Januar bis Juni 1997, für die Versicherte H betreffend die Zeit Februar und März 1997, für die Versicherte W betreffend den Zeitraum Januar 1997, für den Versicherten L betreffend die Zeit Februar bis Juni 1997 und für die Versicherte M betreffend die Zeit 1. April bis 30. Juni 1997. Nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin vergütete die Antragsgegnerin die häusliche Krankenpflege für die Versicherten S H und W in den vorgenannten Zeiträumen. Hinsichtlich der bewilligten Krankenhauspflege für die Versicherten W und L hat die Antragsgegnerin nach dem unstreitigen Vortrag beider Beteiligter die im Monat Mai 1997 erbrachten Leistungen noch nicht bezahlt. Die Antragsgegnerin hat hierzu erklärt, entsprechende Rechnungen lägen ihr nicht vor, nach Eingang derselben würde der Rechnungsbetrag überprüft und überwiesen. Hinsichtlich der Versicherten M ist nach dem Vortrag der Antragstellerin eine Vergütung in den Monaten April bis Juni 1997 nicht erfolgt. Die...

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