Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufschiebende Wirkung der Klage. Anwendung. Beanstandungsbescheid. Aufsichtsbehörde. Wiederherstellung. Anfechtung durch Beschwerde. Beginn. Beanstandungsfrist. Schiedsamtsentscheidung. Vorrangstellung. Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Veränderung. Gesamtvergütung. Vertragszahnarzt. Empfehlung. Konzertierte Aktion

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 97 Abs 1 Nr 6 SGG ist auf einen Beanstandungsbescheid der Aufsichtsbehörde nach § 89 Abs 5 S 5 SGB 5 entsprechend anwendbar.

2. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen Beanstandungsbescheid der Aufsichtsbehörde durch das SG gemäß § 97 Abs 5 S 2 SGG ist mit der Beschwerde anfechtbar.

3. Für den Beginn der 2-monatigen Beanstandungsfrist des § 89 Abs 5 S 5 SGB 5 ist auf die Vorlage der Schiedsamtsentscheidung durch das Schiedsamt abzustellen. Die Vorlage der Entscheidung durch die Vertragspartner berührt den Lauf der Beanstandungsfrist nicht; sie kann allerdings unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben maßgeblich sein.

4. Zur Vorrangstellung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität bei der Vereinbarung der Veränderung der Gesamtvergütung.

5. Zur Bedeutung der Empfehlungen der Konzertierten Aktion bei der Vereinbarung der Veränderung der Gesamtvergütung.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine aufsichtsbehördliche Beanstandung.

Das Landesschiedsamt Niedersachsen für die vertragszahnärztliche Versorgung traf mit Beschluß vom 27. Juni 1997 im Primärkassenbereich unter anderem folgende Festsetzungen:

"1. Der Punktwert laut Vergütungsvereinbarung vom 14.07.95 für vertragszahnärztliche Leistungen der Gebührentarife 1, 2 und 4 Bema-Z wird um 1 % erhöht und beträgt ab 01.01.96 1,5448 DM.

...

3. Der Punktwert laut Vergütungsvereinbarung vom 14.07.95 für vertragszahnärztliche Leistungen der Gebührentarife 3 und 5 Bema-Z bleibt unverändert und beträgt ab 01.01.96 weiterhin 1,3575 DM. ..."

Mit Schreiben vom 3. September 1997 hat die Antragstellerin dem Antragsgegner den Schiedsspruch vom 27. Juni 1997 betreffend den Primärkassenbereich übersandt. Mit Schreiben vom 19. September 1997 hat der Antragsgegner das Landesschiedsamt aufgefordert, den vorgenannten Schiedsspruch vorzulegen. Das Landesschiedsamt reichte darauf mit Schreiben vom 22. September 1997, beim Antragsgegner eingegangen am 23. September 1997, den Beschluß vom 27. Juni 1997 ein.

Mit an das Landesschiedsamt gerichtetem Bescheid vom 24. November 1997 beanstandete der Antragsgegner Ziffern 1 und 3 des vorgenannten Beschlusses gem. §§ 89 Abs. 5, 71 i. V. m. 83 Abs. 1 und 85 SGB V und ordnete gleichzeitig die sofortige Vollziehung der Beanstandung gem. § 97 Abs. 1 Nr 6 SGG an. Antragstellerin und Beigeladene erhielten den Beanstandungsbescheid nachrichtlich. Mit der Beanstandung rügte der Antragsgegner, daß der Schiedsspruch vom 27. Juni 1997 entgegen den gesetzlichen Vorgaben den Grundsatz der Beitragsstabilität nicht beachte. Diesem Grundsatz komme Vorrang vor den in § 72 Abs. 2 SGB V und § 85 Abs. 3 S. 1 SGB V genannten Kriterien zu. Gegen den Grundsatz der Beitragsstabilität sei bereits verstoßen, wenn der Vertrag nicht auf die Vermeidung einer Beitragssatzerhöhung ausgerichtet sei. Dies treffe auf den angefochtenen Schiedsspruch zu. Darüber hinaus widerspreche die Entscheidung den Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen. Das ihm gem. § 89 Abs. 5 S. 5 SGB V zustehende Ermessen übe er, der Antragsgegner, dahingehend aus, daß bei so gravierenden Fehlern eine Beanstandung der Entscheidung vorgenommen werde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich aus einem überwiegenden öffentlichen Interesse.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 25. November 1997 Klage vor dem Sozialgericht Hannover erhoben - Aktenzeichen S 21 KA 859/97 - und gleichzeitig einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Zur Begründung hat sie im wesentlichen folgendes geltend gemacht: Die Beanstandung sei schon deswegen rechtswidrig, weil sie nicht gem. § 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V innerhalb von 2 Monaten nach Vorlage erfolgt sei. Das Schreiben vom 3. September 1997 sei dem Antragsgegner spätestens am 8. September 1997 zugegangen, so daß die Beanstandungsfrist am 10. November 1997 abgelaufen sei. Die Beanstandung sei auch materiell rechtswidrig. Gem. § 71 Abs. 1 SGB V sei das Schiedsamt allenfalls verpflichtet, den Grundsatz der Beitragsstabilität bei seiner Entscheidung im Auge zu haben. Dem widerspreche es nicht, wenn das Schiedsamt neben diesem Grundsatz andere gesetzlich normierten Kriterien berücksichtige. Schließlich sei die Vorschrift des § 97 Abs. 1 Nr 6 2. Halbsatz SGG nicht anwendbar. Der streitbefangene Beanstandungsbescheid sei keine Aufsichtsanordnung i. S. der Norm. Im übrigen ergebe sich aus dem bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Art. 33 § 9 Gesundheitsstrukturgesetz, daß ab 1. Januar 1996 die aufschiebende Wirkung einer Beanstandungsverfügung vom Gesetz nicht mehr gewollt sei.

Mit...

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