Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Konzernunternehmen. vorläufiger Rechtsschutz. Anordnung der aufschiebenden Wirkung
Leitsatz (amtlich)
1. Konzernunternehmen iS des § 128 Abs 5 AFG können auch solche sein, an denen keine Aktiengesellschaft beteiligt ist.
2. Vorläufiger Rechtsschutz gegen die dem Arbeitgeber gemäß § 128 AFG auferlegte Erstattungspflicht richtet sich nach dem am 1.1.1996 in Kraft getretenen § 128c AFG, auch wenn Widerspruch und Klage vorher eingelegt wurden. 3. Bei offenen Erfolgsaussichten kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur in Betracht, wenn die Firma durch die Zahlung in wirtschaftliche Bedrängnis geriete.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht durch den angefochtenen Beschluß vom 27. Februar 1997 entschieden, daß Widerspruch bzw Klage gegen den Erstattungsbescheid der Antragsgegnerin vom 3. August 1995 (sowie Folgebescheide, Widerspruchsbescheid vom 25. August 1995) keine aufschiebende Wirkung gemäß § 128c Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zukommt.
Es handelt sich in der Hauptsache S 8 Ar 840/95 um einen Erstattungsstreit nach § 128 AFG, mit dem die Antragsgegnerin Erstattung des für den ehemaligen Arbeitnehmer B. G. seit 1. Dezember 1994 gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) von der Antragstellerin verlangt. Im angefochtenen Beschluß vom 27. Februar 1997 - S 8 Ar 971/96 eR - hat das erstinstanzliche Gericht das Erforderliche zum einstweiligen Rechtsschutz nach § 128c AFG ausführlich und zutreffend dargelegt und entschieden, daß die begehrte aufschiebende Wirkung nicht anzuordnen ist. Der Senat verweist daher zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Ausführungen im sozialgerichtlichen Beschluß, § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in entsprechender Anwendung.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen wird ergänzend folgendes ausgeführt:
Zwar ist § 128c AFG erst durch Art 10 Nr 8 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (vom 15. Dezember 1995, BGBl I S 1824) mit Wirkung zum 1. Januar 1996 in das AFG eingefügt worden, Art 17 Abs 1 des zuvorgenannten Gesetzes. Die Vorschrift des § 128c AFG galt daher noch nicht zu der Zeit, als Widerspruch erhoben und Klage eingelegt worden waren, beides geschah im Jahr 1995. Gleichwohl findet die Regelung des § 128c AFG auf das vorliegende Begehren Anwendung.
Zur Frage der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch - § 86 Abs 2 SGG - und Klage - § 97 Abs 1 Nr 2 SGG - gegen Erstattungsbescheide nach § 128 AFG hatte sich im Laufe der Jahre eine unterschiedliche Rechtsprechung entwickelt. Nach herrschender Ansicht hatten Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung, weil das Verfahren nach § 128 AFG nicht die Rückforderung von Leistungen, sondern einen eigenen Anspruch der Bundesanstalt für Arbeit gegen einen Arbeitgeber betraf (vgl Niesel, Kommentar zum AFG, 1. Aufl 1995, § 128 Rdnr 108 f; 2. Aufl 1997, § 128c Rdnr 2). Durch die Vorschrift des § 128c Abs 1 AFG sollte klargestellt werden, daß Widersprüche und Klagen gegen Verwaltungsakte der Bundesanstalt, mit denen Erstattungsansprüche nach den §§ 128 bis 128b AFG geltend gemacht werden, keine aufschiebende Wirkung haben (vgl Hennig/Kühl/Heuer/Henke, Kommentar zum AFG, Loseblattsammlung, Stand: Mai 1996, § 128c Rdnr 2 mit Hinweis auf die entsprechende Bundestagsdrucksache; Niesel, 2. Aufl, aaO Rdnr 1). Sind somit vor Inkrafttreten des § 128c AFG Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach § 128 AFG keine aufschiebende Wirkung beigemessen worden, wird die Antragstellerin durch Anwendung der erst mit Wirkung vom 1. Januar 1996 eingeführten Vorschrift rechtlich nicht unzulässig beschwert. Denn der Gesetzgeber hat nur das festgeschrieben, was bereits vorher geltendes Recht war.
Im Übrigen handelt es sich bei § 128c AFG um eine eigentlich in die sozialgerichtliche Verfahrensordnung (dh das SGG) gehörige Regelung, die nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an regelmäßig auf noch nicht abgeschlossene Verfahren anzuwenden ist, weshalb jeder Beteiligter mit einer Änderung des Prozeßrechts auch im anhängigen Rechtsstreit rechnen muß (vgl Bundesverwaltungsgerichtsentscheidungen - BVerwGE - 66, S 312; Urteil vom 18. Februar 1992 - 8 C 59.91 - Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1992, S 892; Landessozialgericht - LSG - Niedersachsen, Urteil vom 27. Oktober 1992 - L 7 Ar 65/91 - S 10 des Urteilsabdrucks; Beschluß vom 19. Juli 1993 - L 8 Vs 84/92 - S 5 des Beschlußabdrucks).
Es bestehen daher keine rechtlichen Bedenken, das "neue" Recht des § 128c AFG auf den vorliegenden Antrag anzuwenden, der im Übrigen zu einer Zeit gestellt wurde - 28. November 1996 -, als die Regelung des § 128c AFG bereits längere Zeit in Kraft war.
In der Sache stützt sich die Antragsgegnerin in erster Linie auf § 128 Abs 5 AFG. Danach gelten bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten des § 128 Abs 1 AFG Konzernunternehmen iS des § 18 Aktieng...