Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Kostenrecht. Übergangsrecht. Kostenpflichtigkeit bzw Kostenfreiheit von Verfahrensbeteiligten. anhängiges Verfahren vor In-Kraft-Treten. Höhe der Pauschgebühr
Leitsatz (amtlich)
1. Für Verfahren, die bereits vor Inkrafttreten des 6. SGGÄndG anhängig waren, jedoch erst nach dem 1.1.2002 abgeschlossen wurden, gilt § 183 SGG in der bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung fort. Somit fallen für die Beteiligten keine Gerichtskosten nach § 197a SGG, sondern allenfalls Pauschgebühren nach § 184 SGG an.
2. Ob und in welcher Höhe die jeweiligen Beteiligten Pauschgebühren zu entrichten haben, richtet sich nach § 184 SGG neuer Fassung. Beigeladene sind nicht mehr zur Zahlung von Pauschgebühren verpflichtet.
Tenor
Nr. 2 und 4 des Auszugs aus dem Verzeichnis der Streitsachengebühren vom 9. Januar 2003 des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (L 5696 - 2044) werden aufgehoben.
Gründe
I.
Die Erinnerung nach § 189 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) richtet sich gegen die Festsetzung von Pauschgebühren nach § 184 SGG.
Der Erinnerungsführer war in den Berufungsverfahren der Augenärztin Dr. B. bzw. des Frauenarztes Dr. C. gegen den Beschwerdeausschuss Ärzte/Krankenkassen, Bremen, (L 11 KA 31/99 und L 11 KA 21/99) als Beigeladener beteiligt (Beiladungsbeschlüsse des Sozialgerichts (SG) Bremen vom 1. April 1999). Erstinstanzlich endeten die Verfahren mit Urteilen des SG Bremen vom 12. Mai 1999, zweitinstanzlich mit Urteilen des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2002.
Unter dem 9. Januar 2003 erteilte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des LSG dem Erinnerungsführer einen Auszug aus dem Verzeichnis der Streitsachengebühren gem. § 189 SGG in Höhe von insgesamt 202,50 €, wovon jeweils 45,00 € auf die Berufungsverfahren L 11 KA 31/99 und L 11 KA 21/99 entfielen (Nr. 2 und 4 des Auszugs). Diese Beträge wurden später auf jeweils 37,50 € reduziert (Schriftsätze der Erinnerungsgegnerin vom 26. März 2003).
Gegen die Festsetzung der Pauschgebühren gem. Nr. 2 und 4 des Auszugs vom 9. Januar 2003 richten sich die am 21. Januar 2003 beim LSG eingelegten Erinnerungen, denen der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat.
Der Erinnerungsführer ist der Auffassung, dass mit Inkrafttreten des 6. Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl I, S. 2144) die Pauschgebührenpflicht für Beigeladene entfallen sei. Selbst wenn die Pauschgebühren mit Einlegung der Berufung am 21. Juli 1999 entstanden sein sollten, habe zum Zeitpunkt der Fälligkeit (Abschluss des Berufungsverfahrens, § 185 SGG) für Beigeladene keine Pauschgebührenpflicht mehr bestanden (§ 184 SGG n.F.).
Die Erinnerungsgegnerin ist dagegen der Auffassung, dass nach Art. 17 6. SGGÄndG die Pauschgebührenpflicht erst dann entfalle, wenn an ihre Stelle die Pflicht zur Zahlung von Gerichtskosten nach § 197a SGG trete. Für die Berufungsverfahren L 11 KA 31/99 und L 11 KA 21/99 gelte infolge der Rechtshängigkeit bereits vor dem 1. Januar 2002 dagegen unstreitig das alte Kostenrecht weiter. Damit verbleibe es bei der Pauschgebührenpflicht des Erinnerungsführers; lediglich hinsichtlich der Höhe der zu entrichtenden Pauschgebühr gelte nach der Rechtsprechung des BSG neues Recht.
Der Senat hat die Erinnerungen gegen die Festsetzung der Pauschgebühren in den Berufungsverfahren L 11 KA 31/99 und L 11 KA 21/99 (L 5 SF 1/03 und L 5 SF 2/03) mit Beschluss vom 30. Januar 2007 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§ 113 SGG).
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung ist zulässig und begründet. Die in der Mitteilung des Auszugs aus dem Verzeichnis der Streitsachengebühren vom 9. Januar 2003 unter Nr. 2 und 4 festgestellten Pauschgebühren erweisen sich als rechtswidrig. Der Zahlbetrag verringert sich somit von 202,50 € auf 112,50 €.
Der Erinnerungsführer ist nicht verpflichtet, für die bereits vor Inkrafttreten des 6. SGGÄndG anhängig gewesenen, jedoch erst nach diesem Zeitpunkt durch Urteil erledigten Berufungsverfahren L 11 KA 31/99 und L 11 KA 21/99 eine Pauschgebühr zu entrichten. Dies ergibt sich aus § 184 SGG in der ab 2. Januar 2002 geltenden Fassung, wonach in den von § 183 SGG erfassten Verfahren eine Pauschgebührenpflicht nur noch für Kläger oder Beklagte, nicht dagegen mehr für Beigeladene besteht (anders noch: § 184 SGG in der bis 1. Januar 2002 geltenden Fassung).
Die Anwendbarkeit des § 184 SGG n.F. ergibt sich aus Art. 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGGÄndG, wonach in Verfahren nach § 197a SGG (hier: vertragsärztlichen Berufungsverfahren L 11 KA 31/99 und L 11 KA 21/99), die bereits vor Inkrafttreten des 6. SGGÄndG anhängig waren, § 183 SGG in seiner bisherigen Fassung fort gilt (und zwar für alle Rechtszüge, vgl. BSG, Beschluss vom 27. November 2003 - B 6 KA 79/02 B). Die auch die Anwendbarkeit von §§ 184 - 187, 192 SGG a.F. vorsehende Übergangsregelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 6. SGGÄndG ist dagegen nicht einschlägig, weil im vorliegenden Fall die Pau...