Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. fehlende Errichtung einer Arbeitsgemeinschaft. unterschiedliche Auffassungen der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers zum Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Träger der Leistungen nach dem SGB II (Bundesagentur für Arbeit und kommunale Träger) sind gesetzlich verpflichtet, zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben Arbeitsgemeinschaften einzurichten.
2. Kommen die Leistungsträger nach dem SGB II der gesetzlichen Verpflichtung zur Errichtung einer Arbeitsgemeinschaft nicht nach, entscheidet die Agentur für Arbeit über Erwerbsfähig- und Hilfebedürftigkeit. Ist der kommunale Träger mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, so hat er die Entscheidung einer gemeinsamen Einigungsstelle herbeizuführen; eine von der Arbeitsagentur abweichende Entscheidung gegenüber den Antragstellern ist ihm verwehrt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 17.März 2006 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung unter dem Vorbehalt der Rückforderung bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren verpflichtet, der Antragstellerin über den 28.Februar 2006 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens bis zum 31.August 2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin in Höhe von 280,00€ monatlich zu erbringen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe
I. Die Antragstellerin bezog mit ihrem Ehemann zum 1. Oktober 2004 eine 110 m² große Mietwohnung in B.. Im Mietvertrag vom 1. September 2004, in dem als Mieterin allein die Antragstellerin aufgeführt ist, ist eine Bruttokaltmiete in Höhe von 410 € vereinbart worden. Für Heizkosten werden monatliche Abschlagszahlungen an die Stadtwerke B. in Höhe von zur Zeit 120 € aufgewendet. Im Februar 2005 beantragte die Antragstellerin bei der Agentur für Arbeit B. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende -. In dem Antrag gab sie an, seit November 2004 von ihrem Ehemann dauernd getrennt zu leben und legte einen am 29. November 2004 geschlossenen Untermietvertrag „ab 1. Januar 2005 übergangsweise“ vor, in dem für ihren Ehemann eine Monatsmiete in Höhe von 200 € und eine Heizkostenpauschale in Höhe von 50 € monatlich vermerkt sind. Die Agentur für Arbeit und der Antragsgegner - eine Arbeitsgemeinschaft ist nicht errichtet worden - bewilligten der Antragstellerin ab 1. März 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der Angabe der Antragstellerin, dass sie von ihrem Ehemann dauernd getrennt lebe. Dieser erhält bereits seit 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II.
Mit Schreiben vom 2. September 2005 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass er ab 1. März 2006 Kosten der Unterkunft nur noch für 60 m² anerkennen werde. Denn für 2 Personen ergebe sich aus gefestigter Rechtsprechung eine aus Steuermitteln zu finanzierende Wohnversorgung von höchstens in dieser Größe. Die Angabe, sie - die Antragstellerin - lebe von ihrem Ehemann getrennt, treffe nicht zu. Auf die von der Antragstellerin als Widerspruch bezeichneten Einwände teilte der Antragsgegner mit, dass die Agentur für Arbeit diese prüfen werde (Schreiben vom 13. September 2005). Anschließend wandte sich diese an die Antragstellerin und bat um Beantwortung von Fragen (Schreiben vom 28. September 2005). Dem kam die Antragstellerin im Schreiben vom 29. September 2005 nach. Daraufhin teilte die Agentur für Arbeit dem Antragsgegner und der Antragstellerin mit, sie gehe „bis auf Weiteres“ davon aus, dass „eine eheähnliche Gemeinschaft“ mit dem „getrennt lebenden Ehemann“ nicht vorliege (Schreiben vom 13. und 26. Oktober 2005).
Mit Bescheid vom 22. Februar 2006 bewilligte der Antragsgegner Kosten für Unterkunft und Heizung ab 1. März 2006 bis 31. August 2006 nur noch in Höhe von 197,10 €. Dabei ging er von einer angemessenen Grundmiete einschließlich Nebenkosten für 2 Personen von 345 € und angemessener Heizkosten in Höhe von 49,20 € aus. Dagegen erhob die Antragstellerin Widerspruch mit Hinweis auf die Mitteilung der Agentur für Arbeit im Oktober 2005. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 1. März 2006).
Dagegen hat die Antragstellerin noch im selben Monat vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg Klage erhoben (S 31 AS 341/06) und beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über den Monat Februar 2006 hinaus die tatsächlichen Miet- und Heizkosten in Höhe von 280 € monatlich zu übernehmen. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 17. März 2006 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht habe, von ihrem Ehemann dauernd getrennt zu leben. Der am 24. März 2006 eingelegten Beschwerde hat es nicht ...