Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.09.2023; Aktenzeichen B 7 AS 63/23 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Aurich vom 23. Juni 2021 und begehrt höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung gemäß § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum August 2018 bis Januar 2019.

Der G. geborene Kläger lebt mit seiner dauerhaft erwerbsgeminderten Partnerin H. in der Gemeinde I. in einem zu Juni 2012 angemieteten Haus mit einer Wohnfläche von 85 qm J.. Bei der Partnerin des Klägers sind eine Schwerbehinderung und das Merkzeichen G anerkannt. Sie bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von 897,94 € (Stand August 2018). Die Bruttokaltmiete für das Haus beträgt monatlich 450 €. Der Abschlag an den Gasversorger betrug ab August 2017 monatlich 181 €, sodass im streitbefangenen Zeitraum Gesamtaufwendungen in Höhe von 631 € zu bestreiten waren. Aus dem Aktenvorgang ergibt sich, dass der Beklagte den Kläger bereits vor dem Umzug in die betreffende Wohnung auf die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft hingewiesen hatte, nämlich im persönlichen Gespräch am 2. Mai 2012. Angemessen wären demnach 340 € gewesen. Der Einzug erfolge dennoch. Mit Schreiben vom 27. Januar 2017 hatte der Beklagte bzw. die für ihn handelnde Gemeinde I. auch auf die Unangemessenheit der Heizkosten hingewiesen, die sich seinerzeit auf 106,74 € bei maximal angemessenen 96 € unter Anwendung des bundesweiten Heizkostenspiegels in der damals aktuellen Fassung vom November 2016 beliefen.

Der Kläger bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Partnerin seit Jahren laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten. Dabei berücksichtigt der Beklagte auf Bedarfsseite zugunsten der Partnerin einen Mehrbedarf gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 4 SGB II in Höhe von 17 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs. Mit Bescheid vom 28. Juni 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 23. Juli 2018 und des Änderungsbescheids vom 7. Januar 2019 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Partnerin Leistungen für den Zeitraum August 2018 bis Januar 2019 und berücksichtigte dabei Aufwendungen für die Unterkunft nur i. H. v. monatlich 409 € und für die Heizung i. H. v. monatlich 94 €, d.h. zusammen 503 € und damit pro Person kopfanteilig 251,50 €. Die angesetzte Grenze der Angemessenheit der Unterkunftskosten ergab sich für den Beklagten aus einer aus eigenen Ermittlungen hervorgegangenen Mietwerteübersicht. Wegen der Heizkosten bezog er sich auf die Werte des bundesweiten Heizkostenspiegels in der Fassung vom November 2017. Die gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2018, der den Prozessbevollmächtigten am 24. September 2018 zugegangen ist, als unbegründet zurück. Am 12. Oktober 2018 hat der Kläger Klage vor dem SG Aurich erhoben und geltend gemacht, die anerkannte Beschränkung der Gehfähigkeit der Partnerin müsse hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten Berücksichtigung finden. Außerdem liege eine wirksame Mietwerteerhebung nicht vor, so dass auf die Werte der Wohngeldtabelle zurückgegriffen werden müsse. Weil die Mietwerteerhebung ergeben habe, dass Wohnräume in den Landgemeinden höhere Mietkosten hervorriefen als in der Stadt L., sei auf die Werte der Mietenstufe II zurückzugreifen. Die Partnerin des Klägers hatte ursprünglich auch Klage erhoben, diese für sich jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 23. Juni 2021 zurückgenommen.

Das SG hat den Beteiligten im Rahmen des Klageverfahrens unter Verweis auf andere diesbezügliche Entscheidungen der Kammer mitgeteilt, dass das zugrundeliegende Konzept des Beklagten zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze bei den Unterkunftskosten nicht schlüssig sein dürfte, und den Beklagten am 30. November 2020 zur Nachbesserung aufgefordert. Der Beklagte hat daraufhin am 1. April 2021 ein nachgebessertes Konzept für den Zeitraum ab Mai 2017, eine nachgebesserte Mietwerteübersicht des Gutachterausschusses (GAG) Aurich, eine Aufstellung der maßgeblichen Datengrundlage und ein laufend aktualisiertes „KdU-Handbuch“, Stand 15. Januar 2021, nachgereicht. Im Rahmen der daraufhin anberaumten mündlichen Verhandlung hat das SG einen Mitarbeiter des Landesamts für Geoinformation und Landesvermessung (LGLN) zu Inhalt und Methodik der Datenerhebung zur Erstellung der grundsicherungsrelevanten Mietwerteübersicht und deren Schlüssigkeit als sachverständigen Zeugen befragt. Der Beklagte hat ein Teilanerkenntnis abgegeben und monatlich 418 € als angemessene Unterkunftskosten anerkannt, was den dort ermittelten neuen Angemessenheitswerten ab Mai 2017 entsprach. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Juni 2021 abgewiesen. Zwar sei das Ermittlungskonzept des Beklagten unschlüssig und habe auch nicht nachgebessert we...

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