Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des zuständigen Gerichts. Krankenhausvergütung. Zuständigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus der Gesetzesbegründung zu § 57a Abs. 3 SGG ergibt sich, dass § 57a Abs. 3 SGG – anders als § 57a Abs. 1 und 2 SGG – nicht ausschließlich für vertragsärztliche Streitigkeiten, sondern auch für andere Vertragsangelegenheiten gilt.
2. Bei einem Vergütungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse handelt es sich um eine Vertragsstreitigkeit i.S.v. § 57a Abs. 3 SGG.
Orientierungssatz
Zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 58 Abs 1 Nr 4 SGG bei einem Streit um Krankenhausvergütung (§ 57a Abs 3 SGG).
Normenkette
SGG § 57a Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
Es wird bestimmt, dass das Sozialgericht Hannover das zuständige Gericht ist.
Gründe
I.
Das vorliegende Verfahren betrifft die Bestimmung des zuständigen erstinstanzlichen Gerichts nach § 58 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus. Sie verlangt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung von weiteren 630,00 EUR für die vom 29. Mai bis 1. Juni 2007 erfolgte stationäre Behandlung der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten F..
Die Beklagte hatte den von der Klägerin in Rechnung gestellten Betrag zunächst vollständig überwiesen. Später forderte die Beklagte jedoch einen Teilbetrag in Höhe von 621,11 EUR zurück, weil nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) die Versicherte G. nicht erst am 1. Juni 2007, sondern bereits am Folgetag der Operation (30. Mai 2007) aus dem Krankenhaus hätte entlassen werden können. Somit sei die bereits gezahlte Krankenhausvergütung teilweise zurückzuerstatten. In der Folgzeit verrechnete die Beklagte diesen von ihr geltend gemachten Rückforderungsanspruch mit Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen.
Mit der am 18. April 2008 beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des durch Aufrechnung nachträglich einbehaltenen Teilbetrags von 630,00 EUR.
Das SG Oldenburg hat die Klage mit Beschluss vom 22. Juli 2008 an das Sozialgericht Hannover verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach § 57a Abs. 3 SGG in der seit 1. April 2008 geltenden Fassung das SG Hannover das für den vorliegenden Rechtsstreit zuständige Gericht sei.
Das SG Hannover hat sich mit Beschluss vom 2. September 2008 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts angerufen.
II.
Für das Hauptsacheverfahren S 38 KR 536/08 ist das Sozialgericht Hannover örtlich zuständig.
Nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG ist das gemeinsame nächsthöhere Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, wenn sich in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben (sog. negativer Kompetenzkonflikt).
Auch im Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGG ist die Bindungswirkung des zuerst ergangenen Verweisungsbeschlusses zu beachten (§ 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 3 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG). Diese Bindungswirkung sichert den Anspruch der Rechtssuchenden auf effektiven Rechtsschutz und verhindert sog. “Kettenverweisungen„. Dementsprechend ist in aller Regel dasjenige Gericht als das zuständige Gericht zu bestimmen, an welches zuerst verwiesen wurde (hier: SG Hannover). Eine hiervon abweichende Zuständigkeitsbestimmung darf nur dann erfolgen, wenn sich der Verweisungsbeschluss als willkürlich bzw. grob verfahrensfehlerhaft darstellt oder wenn die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGG vorliegen (vgl. im Einzelnen: BSG, Beschluss vom 13. Oktober 1981 - 1 S 12/81; Beschluss vom 25. Oktober 2004 - B 7 SF 20/04 S; Groß in: HK-SGG, 3. Auflage 2008, § 58 Rn 9; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 58 Rn 2f und § 98 Rn 9; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Auflage 2008, II Rn 99; Danckwerts in: Hennig, SGG, § 58 Rn 6; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 57 Rn 7). Die Bindungswirkung des zuerst ergangenen Verweisungsbeschlusses entfällt nach allgemeiner Meinung auch dann, wenn dieser gegen den Grundsatz der sog. perpetuatio fori verstößt (BSG, Beschluss vom 8. Mai 2007 - B 12 SF 3/07 S, SozR 4-1500 § 57 Nr. 2; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 98 Rn 9a).
Im vorliegenden Fall entfaltet der Verweisungsbeschluss des SG Oldenburg Bindungswirkung, da keiner der o.g. Ausnahmefälle vorliegt. Die Verweisung erweist sich vielmehr als rechtlich zutreffend.
Der 4. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen hat bereits mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 (L 4 B 79/08 KR) entschieden, dass in der vorliegenden Fallkonstellation das SG Hannover örtlich zuständig ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat aus folgenden Gründen an:
Nach § 57a Abs. 3 SGG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444...