Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft. Honoraranspruch. Hinweis an Patienten über ärztliche Zusammenarbeit. Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs
Orientierungssatz
1. Ist eine Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft umgewandelt worden und wird die bisherige Praxisführung beibehalten, so daß die Zahl gemeinsam behandelter Patienten unvermindert hoch ist, steht den Ärzten das Honorar nur in Höhe einer Gemeinschaftspraxis zu (Anschluß an BSG vom 22.3.2006 - B 6 KA 76/04 R = MedR 2006, 612).
2. Die Ärzte einer ehemaligen Gemeinschaftspraxis haben die Patienten deutlich darauf hinzuweisen, daß sie ab der Umwandlung in eine Praxisgemeinschaft zusammenarbeiten.
3. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs kommt nur dann in Betracht, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (hier: sachlich-rechnerische Berichtigung mit Honorarrückforderung) ernsthaft bestehen oder wenn eine Vollziehung des Bescheides zu einer unbilligen Härte führen würde.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bzw. seines Widerspruchs gegen sachlich-rechnerische Berichtigungen und damit verbundene Honorarrückforderungen.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Allgemeinmedizin in C. niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Zum 01. April 2000 trat er einer Praxisgemeinschaft bei, deren andere Mitglieder (bereits ab 01. April 1998) die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. D. und E. waren. Letztere waren bis zum 31. März 1998 in Gemeinschaftspraxis tätig gewesen. Nach 2004 wurde die Praxisgemeinschaft aufgelöst und - unter zusätzlicher Beteiligung der Ärztin Dr. F. - eine Gemeinschaftspraxis gegründet, die seit 2007 ohne den Arzt E. weiter geführt wird.
Auf der Grundlage der zwischen ihr und den Kassenverbänden abgeschlossenen "Vereinbarung über die Prüfung der Abrechnung auf Rechtmäßigkeit der Plausibilitätskontrollen" vom 09. August 2002 (NdsÄBl. 2002, 94ff.) führte die Antragsgegnerin durch ihren Plausibilitätsausschuss für das Quartal I/2002 eine so genannte erweiterte Plausibilitätsprüfung durch. Diese ergab, dass von insgesamt 884 Patienten des Antragstellers 84 auch von den Ärzten E. und Dr. D. behandelt worden waren, 271 auch von Dr. D. und 213 auch vom Partner E .. Dabei hatte ein Arzt seine Leistungen jeweils in der Kategorie "eigene Fälle" abgerechnet, der zweite und ggf auch der dritte hatte Vertreterscheine abgerechnet. Der Plausibilitätsausschuss teilte dem Antragsteller daraufhin - unter Darlegung von 30 ausgewählten Beispielsfällen - mit, es könne aus diesem Grund die Anfangsvermutung einer künstlichen Fallzahlvermehrung vorliegen. Der Antragsteller legte dem gegenüber mit Schreiben vom 16. Januar 2003 dar, dass jeweils sachliche Gründe für die Abrechnung von Vertretungsscheinen vorgelegen hätten.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2004 berichtigte die Antragsgegnerin die Honorarabrechnung des Antragstellers für das Quartal I/02, weil dieser sich mit seinen Kollegen zu einer Praxisgemeinschaft verbunden, dann aber mit diesen in einer Art und Weise zusammengewirkt habe, wie es für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnend sei. Zur weiteren Begründung berief sie sich auf den Bericht des Plausibilitätsausschusses, der an Hand von Beispielsfällen ausgeführt hatte, dass die Ärzte der Praxisgemeinschaft in erheblichem Umfang Vertreterscheine abgerechnet hätten, ohne dass die Voraussetzungen eines Vertretungsfalls nach § 32 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) gegeben gewesen seien. In Würdigung aller Umstände sei von einer arbeitsteiligen und gemeinsamen Behandlungstätigkeit auszugehen, wie sie nur innerhalb einer Gemeinschaftspraxis möglich sei. Hierdurch hätten die drei Ärzte vergütungsrechtliche Vorteile erlangt, nämlich eine Erhöhung des fallzahlabhängigen Praxis- und Laborbudgets und eine entsprechend häufiger abgerechnete Ziffer 1 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM). Berechnete man den Honoraranspruch der drei Ärzte so, als ob diese eine Gemeinschaftspraxis geführt hätten, ergäbe sich eine Honorardifferenz von insgesamt 17.979,58 EUR gegenüber dem tatsächlich abgerechneten Gesamthonorar. Der auf den Antragsteller entfallende Anteil - 5.426,06 EUR - wurde von diesem zurückgefordert.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 18. Februar 2004 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er sich zunächst darauf berief, die von der Antragsgegnerin im Verfahren der Plausibilitätsprüfung praktizierte Vorgehensweise der Zusendung von Listen mit Patienten und Doppelbehandlungen sei aus datenschutzrechtlichen Gründen rechtswidrig. Außerdem fehle es an einer Rechtsgrundlage für die Durchführung der erweiterten Plausibilitätsprüfung. Ihn treffe auch keine Obliegenheit zu verhindern, dass Versicherte den Vertragsarzt entgegen § 76 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) wechseln. W...