Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis geltend gemachter Unfallfolgen als Voraussetzung der Bewilligung von Verletztenrente - posttraumatische Belastungsstörung

 

Orientierungssatz

1. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind als zusätzliche Folgen eines Arbeitsunfalls anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang i. S. von § 8 Abs. 1 SGB 7 besteht . Für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Arbeitsunfall und Unfallfolge gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit.

2. Das Bestehen einer geltend gemachten posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) muss zu deren Anerkennung als Unfallfolge im Vollbeweis nachgewiesen sein. Sind zeitnah zu dem Arbeitsunfall keinerlei psychopathologische Reaktionen oder seelische Anpassungsschwierigkeiten dokumentiert und erstmalig Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung nach zwei Jahren aufgetreten, so ist eine Anerkennung der PTBS als Unfallfolge ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 29. März 2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Unfallfolgen sowie die Bewilligung einer höheren Verletztenrente.

Der im Jahre 1952 geborene Kläger, der als Lkw-Fahrer im Fernverkehr erwerbstätig war, erlitt am 7. Januar 2005 einen Arbeitsunfall, als der von seinem Kollegen gesteuerte Lkw auf der Autobahn in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, in dessen Verlauf der Kläger aus der Koje geschleudert wurde und gegen die Windschutzscheibe prallte. Er wurde sodann im F. stationär aufgenommen. Der Durchgangsarzt Dr. G. diagnostizierte bei dem Kläger eine Flankenprellung der Lendenwirbelsäule (LWS) links mit Frakturen der Querfortsätze der Segmente L 2 bis 4, eine Stirnschürfwunde sowie eine Prellung des rechten Unterschenkels (vgl. Bericht vom 7. Januar 2005). Die stationäre Therapie erfolgte konservativ (Entlassungsbericht Dr. G. und Kollegen vom 27. Januar 2005). Nach dem Bericht des Arztes für Neurologie H. vom 15. Februar 2005 äußerte der Kläger bei einer Untersuchung am 10. Februar 2005 u. a. auch Schmerzen der linken Hals-Schulter-Oberarmregion mit morgendlichem Taubheitsgefühl im ganzen linken Arm und der linken Hand. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Halswirbelsäule (HWS) vom 17. März 2005 ergab u. a. eine Protrusion der Bandscheibe C6/7 und einen Prolaps der Bandscheibe C5/6 (Bericht des Radiologen Dr. I. vom 18. März 2005).

Die Beklagte holte sodann ein Gutachten der Chirurgen Dres. J. /K. - BG-Unfallambulanz und L. - vom 8. Mai 2005 ein. Diese führten u. a. aus, als Unfallfolgen bestünden eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS mit ausgeprägtem Muskelhartspann links paravertebral über den frakturierten Querfortsätzen L2 bis L4 mit Erschütterungsschmerz und lokalem Druckschmerz sowie ein Areal mit herabgesetztem Gefühlsempfinden an der Außenseite des linken Oberschenkels. Demgegenüber seien die Beschwerden im Bereich der linken Nackenseite, des Schultergürtels und des Schultergelenks mit Ausstrahlung in den linken Arm und die linke Hand verbunden mit Taubheitsgefühl und schmerzhafter Bewegungseinschränkung unfallunabhängig. Sie seien Folge erheblicher degenerativer Veränderungen im Bereich der HWS mit Bandscheibenschäden in mehreren Etagen und deutlicher Einengung des Neuroforamens C3/4. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die Unfallfolgen werde für die Zeit vom 14. März 2005 bis 30. Juni 2005 mit 20 vom Hundert (v. H.) eingeschätzt.

Nach Einholung der Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. M. vom 24. Mai 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Juni 2005 die Gewährung einer Rente ab, da der Arbeitsunfall vom 7. Januar 2005 über die 26. Woche hinaus keine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß hinterlassen habe.

Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch holte die Beklagte das Gutachten der Unfallchirurgen Dr. N. /Dr. O. - P. - vom 11. Januar 2006 ein. Diese führten u. a. aus, als Unfallfolgen lägen derzeit noch anteilige Verspannungen der paravertebralen Rückenstreckmuskulatur nach pseudarthrotisch ausgeheilten Querfortsatz-Abrissfrakturen L3/L4 und fest verheiltem Querfortsatzbruch links bei L2 vor. Für die Zeit ab dem 14. September 2005 sei die MdE mit 10 v. H. einzuschätzen. In einem von der Beklagten zusätzlich eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie Q. vom 9. Februar 2006 gelangte dieser zu dem Ergebnis, die unfallbedingte Schädelprellung sei folgenlos ausgeheilt. Die degenerativen Veränderungen der HWS, eine Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis links (Nerv zur Versorgung der seitlichen Oberschenkelhaut bis zum Knie) sowie ein Tinnitus bei Innenohrschwerhörigkeit seien unfallunabhängig. In der abschließenden Stellungnahme vom 3. Mai 2006 verblieben die Chirurgen Dres. N. /O. bei ihrer MdE-Schätzung.

Die Beklagte holte sodann...

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