Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter. Übernahme von Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Angemessenheitsbegriff. halbierter Basistarif. Beitragsrückstand. Ruhen der Leistungen gem § 193 Abs 6 S 2 VVG. Eintritt der Hilfebedürftigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Höhe der Aufwendungen für die private Krankenversicherung von Leistungsempfängern nach dem 3. oder 4. Kapitel des SGB 12 richtet sich ausschließlich nach § 32 Abs 5 SGB 12. Der Begriff der Angemessenheit des § 32 Abs 5 SGB 12 kann nicht durch Verweis auf § 12 Abs 1c S 6 VAG ausgefüllt werden.
2. Als angemessen sind die Beiträge anzusehen, welche der Leistungsberechtigte seiner privaten Krankenversicherung schuldet. Seit dem 1.1.2009 sind dies bei Bedürftigkeit Aufwendungen in Höhe des halbierten Basistarifes.
3. Bei einem Beitragsrückstand tritt das Ruhen der Leistungen gem § 193 Abs 6 S 2 VVG ein; der Hilfebedürftige erhält lediglich die Notversorgung nach § 193 Abs 6 S 6 VVG.
4. Das Ruhen endet nach § 193 Abs 6 S 4 VVG nicht, wenn bei bereits bestehender Hilfebedürftigkeit Beitragsrückstände entstehen. § 193 Abs 6 S 4 VVG betrifft nur die Fälle, in denen die Hilfebedürftigkeit erst nach bereits bestehendem Beitragsrückstand eintritt.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 14. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 14. Dezember 2009 ist nicht begründet. Der Antragsteller hat in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, welches er am 6. Oktober 2009 eingeleitet hatte, glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe - Grundsicherungsleistungen gemäß §§ 19 Abs 2, 41, 42 Satz 1 Nr 4, 32 Abs 5 (Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zum halbierten Basistarif) Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) - gegenüber der Antragsgegnerin besitzt. Dies hat bereits das SG in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, so dass zunächst auf diese Gründe verwiesen wird, § 142 Abs 2 Satz 3 SGG.
Der am 5. Juli 1939 geborene Antragsteller, über dessen Vermögen im Jahre 2006 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, bezieht seit dem 1. Juni 2008 Grundsicherungsleistungen nach § 41 SGB XII. Seine Altersrente in monatlicher Höhe von 466,27 € (Stand: 1. Juli 2009) und eine kleinere Rente aus den USA (ca 35,00 €) wird bedarfsmindernd angerechnet. Der Antragsteller ist privat krankenversichert bei der Firma D.. Die von ihm zu leistenden Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung wurden in zunächst unterschiedlicher Höhe übernommen. Die Zeit bis zum 31. Mai 2009 ist geregelt durch Bewilligungsbescheide, die offenbar mit Widerspruch nicht angegriffen wurden. Wegen der zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge wurde der Antragsteller aufgefordert, sich zunächst im Standardtarif und sodann im Basistarif zu versichern.
Für die Zeit ab dem 1. Juni 2009 wurden im Hinblick auf den Anspruch auf Grundsicherung keine Bescheide mehr erlassen, sondern tatsächliche Zahlungen erbracht. Bis zum Monat August 2009 wurden die Beiträge für die private Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe des halbierten Basistarifes von der für die Antragsgegnerin handelnden Landeshauptstadt Hannover erbracht, und zwar in Höhe von 320,64 € entsprechend einer Bescheinigung der Firma D. über die Höhe der Beitragsleistungen ab dem 1. Juni 2009. Diese hatte der Antragsteller mit Schreiben vom 13. Juni 2009 an die Antragsgegnerin übersandt mit der Bitte, dies "direkt mit der Krankenkasse zu regeln".
Ab September 2009 zahlte die für die Antragsgegnerin handelnde Landeshauptstadt Hannover weiterhin Grundsicherungsleistungen an den Antragsteller, für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung allerdings nur noch in Höhe von 147,32 € (richtig wohl 142,11 €), der Höhe der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung wie sie im Bereich des Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) galt, § 26 SGB II. Die Zahlungen ab September 2009 erfolgten ohne zugrundeliegenden schriftlichen Verwaltungsakt. Eine Reaktion auf das Schreiben des Antragstellers vom 13. Juni 2009 erfolgte nicht.
Der Antragsteller hat am 6. Oktober 2009 beim SG Hannover um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel nachgesucht, Sozialhilfeleistungen für seine private Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe des halbierten Basistarifes zu erhalten (320,64 €) und aufgelaufene Zahlungsrückstände gegenüber seiner Krankenversicherung zu übernehmen. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat au...