Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes für einen Sozialhilfeempfänger auf Übernahme des vollen Beitrags zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
Orientierungssatz
Für die Übernahme des vollen Beitrags zur privaten Krankenversicherung eines privat krankenversicherten Sozialhilfeempfängers durch einstweiligen Rechtsschutz fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund, weil für ihn eine Einschränkung der Leistungen bei Krankheit durch auflaufende Beitragsrückstände nicht zu besorgen ist, wenn er hilfebedürftig i. S. des SGB 2 oder des SGB 12 wird. Das Ruhen des Leistungsanspruchs gegenüber der privaten Krankenversicherung endet nämlich nach § 193 Abs. 6 S. 5 VVG mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 10.02.2010 aufgehoben.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten, ob die Antragsgegnerin einstweilen die monatlichen Kosten des Antragstellers für seine private Kranken- und Pflegeversicherung im sog. Basistarif in voller Höhe von 322,90 EUR (286,34 EUR für die Kranken- und 36,56 EUR für die Pflegeversicherung) oder lediglich i.H.v. 144,09 EUR (126,05 EUR für die Kranken- und 18,04 EUR für die Pflegeversicherung) übernehmen muss (monatliche Differenz: 178,81 EUR).
Der 1939 geborene Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin laufend ergänzende Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Seit dem 01.04.2009 ist er bei der im Beschwerdeverfahren beigeladenen I. Krankenversicherung aG im sog. Basistarif privat kranken- und pflegeversichert. Sein monatlicher Versicherungsbeitrag belief sich zunächst auf 320,64 EUR; seit dem 01.01.2010 beträgt sein Beitrag im Basistarif 322,90 EUR.
Mit Bescheid vom 19.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2009 monatliche Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Hierbei berücksichtigte sie die tatsächlichen Beiträge des Antragstellers für seine Kranken- und Pflegeversicherung im Basistarif. Mit Bescheid vom 19.06.2009 hob sie diesen Bescheid rückwirkend ab dem 01.04.2009 teilweise auf und übernahm nur mehr Kosten für die Krankenversicherung i.H.v. 124,32 EUR sowie für die Pflegeversicherung i.H.v. 17,79 EUR. Das diesbezügliche gerichtliche Verfahren ist derzeit beim Sozialgericht anhängig (S 16 SO 104/09). Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragte der Antragsteller am 22.07.2009 hierzu, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19.11.2008 herzustellen (S 16 SO 80/09 ER); insoweit hat sich die Antragsgegnerin durch Anerkenntnis zur einstweiligen vollen Übernahme der Versicherungsbeitragskosten des Antragstellers bis zum 31.12.2009 verpflichtet.
Am 06.10.2009 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 01.01.2010 und legte eine Beitragsbescheinigung der Beigeladenen über monatliche Beiträge von 322,90 EUR vor. Mit Bescheid vom 16.12.2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Berücksichtigung seines Einkommens aus Altersruhegeld Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII i.H.v. 341,00 EUR für Januar 2010. Der Bescheid führt aus, weitere Zahlungen erfolgten aufgrund der Annahme gleichbleibender Verhältnisse; die entsprechenden Leistungen gälten als mit der Zahlung bewilligt. In den Leistungen enthalten waren solche für die Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 126,05 EUR und für die Pflegeversicherung i.H.v. 18,04 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Über den am 30.12.2009 eingelegten Widerspruch des Antragstellers wurde bisher nicht entschieden.
Der Antragsteller hat am 18.01.2010 beim Sozialgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache die monatlichen Beiträge zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beigeladenen in tatsächlich anfallender Höhe von 322,90 EUR zu zahlen. Der Bescheid vom 16.12.2009 sei offensichtlich rechtswidrig, weil nur ein Teil seiner Versicherungsbeiträge als Leistung übernommen werde. § 12 Abs. 1c Satz 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), auf den die Antragsgegnerin die eingeschränkte Leistungsgewährung stütze, sei im Rahmen von Leistungsbeziehungen nach dem SGB XII nicht anwendbar. Es ergebe sich sonst eine Ungleichbehandlung zwischen Personen, die erst durch den Versicherungsbeitrag hilfebedürftig würden und bei deren Leistungen der Beitrag voll berücksichtigt werde, im Vergleich zu denen, die unabhängig davon hilfebedürftig seien und nur eingeschränkte Leistungen erhielten. Die Leistungshandhabung der Antragsgegnerin führe bei ihm zu einer monatlichen Verschuldung. Der Antragsteller hat sich durch den Beschluss des Landessozi...