Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. PKH-Vergütungsfestsetzung. Verbindung ursprünglich rechtlich selbständiger Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Auch in einem zu einem führenden Verfahren verbundenen Verfahren kann nach Ausübung des Wahlrechts des Prozessbevollmächtigten eine PKH- Vergütungsfestsetzung erfolgen.
Die Verbindung ursprünglich rechtlich selbständiger Verfahren führt dazu, dass die bereits verdienten Gebühren dem Rechtsanwalt weiterhin zustehen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Erinnerungsgegnerin werden der Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 14. April 2020 und der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Bremen vom 10. Juli 2019 abgeändert und die der Erinnerungsführerin aus der Staatskasse zustehende Vergütung für ihre Tätigkeit in dem Verfahren S 23 AS 1569/17auf 85,61 Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren (PKH).
In dem am 24. Juli 2017 beim Sozialgerichts (SG) Bremen anhängig gemachten Klageverfahren (Aktenzeichen S 23 AS 1569/17) stritten die dortigen sieben Kläger und das beklagte Jobcenter Bremen um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), die der dortige Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2017 abgelehnt hatte. Die Klage wurde zunächst fristwahrend erhoben. Eine Klagebegründung erfolgte nicht. In der mündlichen Verhandlung des SG vom 22. August 2017, zu der das Verfahren S 23 AS 1569/17 nicht geladen worden war, wurde das Verfahren mit zwei weiteren beim SG anhängigen Klageverfahren (S 23 AS 1720/16 und S 23 284/17) der Kläger verbunden, wobei das Verfahren S 23 AS 1720/16 führte. Sodann wurde die Erinnerungsführerin mit Beschluss des SG vom gleichen Tag den Klägern in den verbundenen Verfahren beigeordnet. Die verbundenen Verfahren erledigten sich schließlich durch Einigung der Beteiligten.
Am 11. Juni 2019 beantragte die Erinnerungsführerin beim SG die Erstattung ihrer Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse für ihre Tätigkeit in dem Klageverfahren S 23 AS 1569/17. Sie teilte dabei mit, dass der Beklagte den Klägern für insgesamt fünf Widerspruchsverfahren einen Betrag von pauschal 2.000 Euro gezahlt habe. Auf jedes der fünf Verfahren sei damit ein Betrag von 400,00 Euro entfallen. In dem Betrag von 400,00 Euro sei eine Geschäftsgebühr in Höhe von 316,13 Euro, eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro sowie die Umsatzsteuer in Höhe von 63,87 Euro enthalten. Die Hälfte der Geschäftsgebühr, also ein Betrag in Höhe von 158,06 Euro, sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Abgerechnet wurden sodann nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) für die Tätigkeit im Klageverfahren eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 300,00 Euro, erhöht nach Nr. 1008 VV RVG wegen der Tätigkeit für sechs weitere Kläger um 540,00 Euro, abzüglich 158,06 Euro aufgrund der Anrechnung der von dem Beklagten erhaltenen Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 280,00 Euro, eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 300,00 Euro, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro und 19% Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 243,57 Euro, insgesamt also 1.525,51 Euro.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 10. Juli 2019 setzte die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die der Erinnerungsführerin aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 668,71 Euro fest. Die Verfahrensgebühr sei lediglich in Höhe von 250,00 Euro anzusetzen, weil die anwaltliche Tätigkeit in dem Klageverfahren und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger unterdurchschnittlich gewesen seien. Die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG betrage dementsprechend nicht 540,00 Euro, sondern nur 450,00 Euro. Auf diesen Betrag sei sodann die erhaltene Geschäftsgebühr in Höhe von 158,06 Euro anzurechnen. Die Terminsgebühr könne nicht angesetzt werden. Zwar sei das Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 22. August 2017 mit den Verfahren S 23 AS 1720/16 und S 23 284/17 verbunden worden, allerdings ohne vorherige Ladung des Verfahrens. Die Güteverhandlung habe auch erst nach der Verbindung stattgefunden, weshalb die Terminsgebühr nicht in diesem Verfahren, sondern lediglich im führenden Verfahren S 23 AS 1720/16 angesetzt werden könne. Das Gleiche gelte für die Einigungsgebühr. Die Einigung der Beteiligten sei erst nach der Verbindung erfolgt, weshalb die Einigungsgebühr nur im führenden Verfahren S 23 AS 1720/16 berücksichtigt werden könne.
Hiergegen hat die Erinnerungsführerin am 19. Juli 2019 beim SG Erinnerung eingelegt, die sie nicht begründet hat.
Am 11. Oktober 2019 hat die Erin...