nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 25.09.2002; Aktenzeichen S 36 U 256/02 ER) |
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 25. September 2002 wird aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin an der durchgangsärztlichen Behandlung zu beteiligen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 37.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller dessen Bestellung zum Durchgangsarzt zum 1. Juli 2002 gekündigt. Der Antragsteller begehrt vor dem Sozialgericht (SG) Hannover im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Unwirksamkeit dieser Kündigung festzustellen.
Mit Beschluss des Vorstandes des Antragsgegners vom 16. Oktober 1990 wurde der Antragsteller - auf der Grundlage der Richtlinien für die Bestellung von Durchgangsärzten vom 11. Juli 1963 in der Fassung vom 1. April 1986 - zum Durchgangsarzt bestellt. Mit Schreiben vom 22. März 2002 kündigte der Antragsgegner die Beteiligung des Antragstellers am Durchgangsarztverfahren mit Ablauf des Juni 2002 "wegen wiederholter Pflichtverletzung und nach Maßgabe des § 59 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch - SGB - X". Zur Begründung führte er aus:
Ein besonders schwerwiegender Pflichtverstoß stellt der Fall des Patienten C. dar. Herr Dr. D. ist hier der Verpflichtung, den Unfallverletzten aufgrund der Verletzungsart in ein dafür zugelassenes Krankenhaus zuzuführen, nicht nachgekommen. Es handelt sich hierbei um einen Verstoß gegen § 37 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger (früher Ltnr. 45 Abkommen Ärzte/ Unfallversicherungsträger) und der von Dr. D. in seinem Durchgangsarztantrag eingegangenen Verpflichtung zu Punkt 2.7. Dieser Pflichtverstoß ist um so schwerwiegender, da es in der postoperativen Behandlung zu erheblichen Wundheilungsstörungen gekommen ist. Während der gesamten Behandlung vom 20.06.2000 - 24.08.2000 hätte Herr Dr. D. eine Überweisung nachholen können. Es wurde zunächst von einer raschen Wundheilung berichtet, was später als Informationsmissverständnis bezeichnet wurde. Im Übrigen liegen umfangreiche Informationen verschiedener Unfallversicherungsträger vor, die belegen, dass Leistungen in erheblichem Umfang abgerechnet wurden, die mit dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht vereinbar sind. Es handelt sich hierbei insbesondere um zum Teil kontraindizierte Überversorgungen mit Verbänden und Orthesen etc ... Die genannten Verstöße sind unstreitig, da Sie in Ihrem Schreiben vom 11.02.2002 zugegeben haben, dass Herr Dr. D. sich im Fall C. nicht vertragskonform verhalten hat und dass die Einsicht besteht, dass Unwirtschaftlichkeiten bei der Erbringung und Abrechnung der Leistungen vorhanden waren.
Bei der Entscheidungsfindung bezüglich einer Kündigung des Vertrages ist Ihr Schreiben vom 11.02.2002, in welchem Vertragsverstöße zugegeben werden und die Zusage zum künftigen vertragskonformen Verhalten gegeben werden, durchaus berücksichtigt worden. Die Abwägung des Für und Wider hat jedoch ergeben, dass eine Kündigung erforderlich ist. Nachdem jedwede Verstöße gegen Vertragspflichten über ein Jahr vehement abgestritten wurden und das genannte Schreiben erst im letzten Moment vor der entscheidenden Sitzung einging, können gewisse Zweifel daran, dass eine echte Einsichtsfähigkeit vorhanden ist, die auch für die Zukunft Bestand hat, nicht ausgeräumt werden. Das Gleichbehandlungsgebot gegenüber denjenigen Ärzten, die sich ausschließlich vertragskonform verhalten, gebietet es, Sanktionen gegen diejenigen zu ergreifen, die dies nicht tun. Das Vertrauensverhältnis, welches zwischen den Unfallversicherungsträgern und den für sie tätigen Durchgangsärzten unabdingbar vorhanden sein muss, da der Durchgangsarzt durch die Beteiligung am Durchgangsarztverfahren in die Lage versetzt wird, für die Unfallversicherungsträger Entscheidungen zu fällen (Einleitung besonderer Heilbehandlung), ist durch die Pflichtverstöße derart nachhaltig gestört, dass eine Kündigung unumgänglich ist. Da im Fall des Patienten C. durch den Pflichtverstoß konkrete Behandlungsstörungen aufgetreten sind, gebietet es die Fürsorgepflicht der Berufsgenossenschaften für ihre Versicherten dieses für die Zukunft auszuschließen. Die Berufsgenossenschaften haben außerdem eine Verpflichtung gegenüber ihren Mitgliedsunternehmen, die Beiträge sinnvoll und wirtschaftlich zu verwenden. Eine unwirtschaftliche Verwendung stellt eine Schädigung der Mitgliedsunternehmen und damit des Gemeinwohls dar. Um dem vorzubeugen, ist eine Kündigung im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 2 zur Verhütung von Nachteilen für das Gemeinwohl geeignet und angemessen. Hiergegen abzuwägen sind die Auswirkungen einer Kündigung auf die wirtschaftliche Existenz des Herrn Dr. D ... Da Herr Dr. D. nach wie vor in der Lage ist, als Kassenarzt und Chirurg tätig zu werden, ist davon auszugehen, dass die Kündigung der D-Arzt-Beteiligung ni...