Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Festsetzung von Ordnungsmitteln. Termin zur Zeugenvernehmung. drittes Ausbleiben eines Zeugen. keine ausreichende Entschuldigung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei einem dritten unentschuldigten Ausbleiben eines ordnungsgemäß geladenen Zeugen sind Ordnungsmittel festzusetzen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung von Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft aufgrund der wiederholten Nichtwahrnehmung eines vom Sozialgericht anberaumten Zeugenvernehmungstermins.

Im Hauptsacheverfahren begehrt die Klägerin eine Erwerbsminderungsrente.

Der Beschwerdeführer ist Arzt und hat die Klägerin hausärztlich betreut. Inwieweit der Beschwerdeführer den Arztberuf aktuell noch ausübt, erschließt sich nach Maßgabe des Beschwerdevorbringens nicht mit hinreichender Deutlichkeit. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer weist einerseits darauf hin, dass er „zwischenzeitlich“ erkrankt sei und seine Praxis habe schließen müsse, andererseits verweist er auch auf eine „weiterhin eröffnete Praxis“.

Zur Aufklärung der medizinischen Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Rente hat das Sozialgericht von dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 18. Juli 2022 einen Befundbericht angefordert. Hieran ist der Beschwerdeführer mit nachfolgendem Schreiben vom 23. August 2022 erinnert worden. Eine weitere nachdrückliche Erinnerung erfolgte mit Schreiben vom 14. September 2022.

Nachdem der Beschwerdeführer weiterhin nicht reagiert hatte, hat das Sozialgericht ihn zur Zeugenvernehmung am 15. November 2022 geladen. Diesen Termin hat er nicht wahrgenommen. Daraufhin hat das Sozialgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 € und ersatzweise einen Tag Ordnungshaft verhängt.

Nachfolgend ist der Beschwerdeführer zu einer erneuten Zeugenvernehmung am 24. April 2023 geladen worden. Auch diesen Termin nahm er nicht wahr. Daraufhin hat das Sozialgericht gegen ihn mit Beschluss vom 26. April 2023 erneut ein Ordnungsgeld, und zwar diesmal in Höhe von 750 €, und ersatzweise nunmehr fünf Tage Ordnungshaft festgesetzt.

Gleichzeitig hat es den Beschwerdeführer zu einer erneuten Zeugenvernehmung am 5. Juni 2023 geladen. Der Ordnungsgeldbeschluss vom 26. April 2023 und die Ladung zur Zeugenvernehmung am 5. Juni 2023 sind dem Beschwerdeführer zusammen am 28. April 2023 unter seiner aktuellen Wohnanschrift H. in I. mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden (vgl. die Zustellungsurkunde Bl. 5, 5 R in der den Ordnungsgeldbeschluss vom 26. April 2023 betreffenden Akte).

Auch den Vernehmungstermin am 5. Juni 2023 hat der Beschwerdeführer nicht wahrgenommen. Daraufhin hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 8. Juni 2023 ein Ordnungsgeld in Höhe von nunmehr 900 € und ersatzweise fünf Tage Ordnungshaft verhängt und dem Zeugen wiederum die durch sein Ausbleiben entstandenen Kosten auferlegt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers vom 14. Juni 2023.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der zur Überprüfung gestellte Ordnungsgeldbeschluss vom 8. Juni 2023 lässt keinen Fehler zulasten des Beschwerdeführers erkennen.

Nach § 380 ZPO i.V.m. § 118 Abs. 1 SGG werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

a) Der Zeuge war zum erneuten Vernehmungstermin am 5. Juni 2023 ordnungsgemäß unter seiner Wohnanschrift geladen worden. Den anfänglichen Vortrag einer Unkenntnis von diesem Vernehmungstermin hat der Zeuge nicht aufrechterhalten, nachdem der Senat seinem Bevollmächtigten eine Kopie der Postzustellungsurkunde vom 28. April 2023 übermittelt hat.

b) Eine Entschuldigung des Zeugen ist in keiner Weise nachvollziehbar dargetan worden. Bezüglich einer eventuellen Erkrankung fehlt schon jeder nähere Vortrag zu ihrer Ausprägung, ihrem Verlauf und ihren Auswirkungen; noch weniger ist in diesem Zusammenhang die Glaubhaftmachung eines Sachverhalts zu erkennen.

c) Nach den gesetzlichen Vorgaben ist nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht zum dritten Mal Ordnungsmittel gegen den ausgebliebenen Zeugen ergriffen hat.

Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel gemäß § 380 Abs. 2 ZPO noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden. Diese gesetzliche Vorgabe wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich hinsichtlich der Frage interpretiert, ob im Falle einer dritten unentschuldigten Säumnis eines Vernehmungstermins erneut Ordnungsmittel festzusetzen sind (vgl. zum Meinungsstand etwa Damrau/Weinland in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge