Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Vermögensberücksichtigung. Miteigentum an einem nicht selbst genutzten Hausgrundstück. Verwertbarkeit bei Belastung mit Nießbrauchsrecht. dingliche Sicherung des Rückzahlungsanspruchs bei Gewährung eines Darlehens. Härte bzw Unmöglichkeit der sofortigen Verwertung. Prognoseentscheidung. Verweisung des Selbstständigen auf Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Miteigentum an einem Hausgrundstück, das nicht vom Hilfesuchenden bewohnt wird, stellt verwertbares Vermögen dar. Auf die Zustimmung des anderen Miteigentümers zur Verwertung kommt es schon aus sachenrechtlichen Gründen nicht an.
2. Dies gilt auch dann, wenn das Grundstück mit einem Nießbrauchsrecht belastet ist.
3. Eine Unverwertbarkeit des Grundstücks aus tatsächlichen Gründen tritt nicht etwa dann ein, wenn es voraussichtlich nicht innerhalb von 12 Monaten verkauft werden kann. Vielmehr kommt es allein auf die Prognose an, wann der konkrete Vermögensgegenstand verwertet werden kann. Das können bei großen und besonders wertvollen Vermögensgegenständen mitunter Jahre sein.
4. Betreibt der Hilfesuchende über lange Zeit eine selbständige Tätigkeit, die nicht auskömmlich ist und laufend ergänzende Hilfeleistungen erfordert, kann der Träger ihn auf die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung verweisen.
Orientierungssatz
1. Auch wenn möglicherweise nicht nur ein schuldrechtliches, sondern dinglich gesichertes Nießbrauchsrecht das Hausgrundstück belastet, so ist der Miteigentumsanteil auch in wirtschaftlicher Hinsicht verwertbar, da derartige dingliche Belastungen bei der Wertermittlung von Grundstücken nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung des Alters der Nießbrauchsberechtigten bewertet werden.
2. Die dingliche Sicherung eines Darlehens nach § 23 Abs 5 SGB 2 erfolgt beim Vorhandensein von Grundstücken oder grundstücksähnlichen Rechten regelmäßig durch Bestellung einer Hypothek oder Grundschuld.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. August 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die weitere Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), die vom Antragsgegner versagt wurden, weil der Antragsteller sich weigert, zur Sicherung des ihm angebotenen Darlehens eine Grundschuld an seinem Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück zu bestellen, das von seinen Eltern bewohnt wird und zu deren Gunsten ein lebenslanges Nießbrauchsrecht am Grundstück versprochen wurde.
Der im April 1957 geborene Antragsteller ist geschieden. Er ist der Vater einer im Februar 1995 geborenen Tochter und eines im Mai 1999 geborenen Sohnes, die beide nicht bei ihm leben. Er hat eine Ausbildung zum Diplompsychologen durchlaufen und war im Bereich der Marktforschung und Verkaufsförderung für pharmazeutische Unternehmen tätig. In den Jahren 2003/2004 war er geschäftsführender Gesellschafter eines Marktforschungsunternehmens; seit dem 1. Juni 2005 ist er als selbstständiger Marketingberater berufstätig. Bis zum 18. Mai 2005 erhielt er Arbeitslosengeld von der Arbeitsverwaltung; später wurde ihm vom Arbeitsamt F. für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2005 Übergangsgeld bewilligt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 27. April 1992 hatten der Antragsteller und seine im Mai 1930 geborene Mutter zum Kaufpreis von 330.500,00 DM jeweils zu 1/2 ideellem Anteil das 348 qm große Flurstück 248/21 der Flur 26 in der Gemarkung G. erworben, welches mit einem Einfamilienwohnhaus und einer Garage bebaut ist. Weiterhin wurde im Kaufvertrag zu Gunsten der Mutter des Antragstellers und seines Vaters, der im Januar 1931 geboren wurde, ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an rangbereitester Stelle an dem Grundstück bewilligt. Ob dieses Nießbrauchsrecht im Grundbuch eingetragen wurde, ist nicht bekannt. Nach dem Vorbringen des Antragstellers bezogen seine Eltern danach alsbald das Einfamilienhaus.
Der Antragsteller bewohnt in G. eine Mietwohnung, die er zu einem Teil auch als Büro für seine freiberufliche Tätigkeit nutzt; einen dafür entfallenden Anteil der Mietkosten setzt er als Betriebsausgaben seiner freiberuflichen Tätigkeit an. Die gegenwärtige - wechselnde - Höhe seiner Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit - insbesondere aus der Zusammenarbeit mit einer anderen Marketingfirma in H. - ist nicht bekannt. Die vom Antragsteller zu zahlende Miete beträgt 350,00 € monatlich; außerdem sind von ihm monatlich für Nebenkosten und Heizung (mit der ebenfalls die Warmwasserbereitung erfolgt) 120,00 € als Vorauszahlung zu leisten.
Am 30. Januar 2006 beantragte der Antragsteller bei der namens und im Auftrage des Antragsgegners handelnden Gemeinde Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 24. April 2006 gewährte daraufhin der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen unter Berücksichtigung seines Regelsatzes und anteili...