Entscheidungsstichwort (Thema)
Belegarzt. Voraussetzung für Anerkennung. Krankenhausträger. Unzulässigkeit des Antrags auf einstweilige Anordnung nach § 86b Abs 2 SGG. Anerkennung als Belegarzt. Vertragsärztliche Zulassung. Belegabteilung. Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Krankenhausplan. Weiterbildungsrecht. Plastische und ästhetische Chirurgie. Klagebefugnis des Krankenhausträgers
Leitsatz (amtlich)
Die Anerkennung als Belegarzt setzt voraus, dass die geplante Tätigkeit sowohl mit dem vertragsärztlichen Versorgungsauftrag als auch mit dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses übereinstimmt.
Orientierungssatz
Ein Krankenhausträger hat keinen eigenen Anspruch auf Anerkennung eines Belegarztes, der in einer belegärztlichen Abteilung seines Krankenhauses arbeiten möchte. Ein Antrag des Krankenhausträgers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 SGG ist daher unzulässig.
Normenkette
BMV-Ä § 40 Abs. 1, § 2 S. 2; SGB V § 95 Abs. 3 S. 2, §§ 108, 121 Abs. 2; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 3. August 2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die vorläufige Anerkennung einer belegärztlichen Tätigkeit des Antragstellers zu 1. im Krankenhaus der Antragstellerin zu 2.
Der Antragsteller zu 1. ist Facharzt für Chirurgie und Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Mit Schreiben vom 21. März 2014 (klargestellt mit Schreiben vom 5. Mai 2014) beantragte er bei der Antragsgegnerin, als Belegarzt in der Belegabteilung für Chirurgie im Krankenhaus der Antragstellerin zu 2. in D. anerkannt zu werden. Der Zulassungsausschuss D. für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ließ den Antragsteller zu 1. mit bestandskräftigem Beschluss vom 17. September 2014 gem § 103 Abs 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie mit dem Vertragsarztsitz E., F. im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags und beschränkt auf die Dauer seiner belegärztlichen Tätigkeit zur vertragsärztlichen Versorgung zu.
Die beigeladenen Krankenkassen(verbände) lehnten es der Antragsgegnerin gegenüber ab, hierzu ihr Einvernehmen zu erteilen. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass nach dem geltenden Krankenhausplan in Niedersachsen die Plastische und Ästhetische Chirurgie eine ausdrücklich ausgewiesene Fachabteilung darstelle, das Krankenhaus der Antragstellerin zu 2. über eine entsprechende Abteilung aber nicht verfüge. Unter Hinweis hierauf lehnte die Antragsgegnerin die Anerkennung mit Bescheid vom 22. August 2014 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015). Hiergegen hat der Antragsteller zu 1. am 25. März 2015 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 20 KA 124/15 beim Sozialgericht (SG) anhängig ist.
Am 25. März 2015 haben die Antragsteller außerdem vor dem SG Hannover den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Anerkennung des Antragstellers zu 1. als Belegarzt im Krankenhaus der Antragstellerin zu 2. beantragt. Es sei nicht ersichtlich, warum der Antragsteller zu 1. nicht als Belegarzt in der mit 31 Betten ausgewiesenen chirurgischen Belegabteilung der Antragstellerin zu 2. tätig werden dürfe. Die Plastische und Ästhetische Chirurgie sei seit der Reform der Weiterbildungsordnung (WBO) im Jahr 2005 kein eigenständiges Fachgebiet mehr, sondern Bestandteil des Gebiets Chirurgie. Wenn die Plastische Chirurgie im Niedersächsischen Krankenhausplan noch als eigenständiges Gebiet aufgeführt sei, liege dies daran, dass der Plan noch nicht an die geänderte WBO angeglichen worden sei. Innerhalb des im Krankenhausplan aufgeführten Gebiets “Chirurgie„ könne aber nunmehr auch die Tätigkeit im Rahmen der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie erbracht werden. Dementsprechend böten auch Krankenhäuser, die nur mit Betten im Gebiet der Chirurgie ausgestattet seien, eine Versorgung in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie an. Auch nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg sei anerkannt, dass die Nennung eines Spezialgebiets im Krankenhausplan stationäre Behandlungen im Rahmen des allgemeinen Gebiets nicht ausschlössen. Das Eilbedürfnis für den Antragsteller zu 1. folge daraus, dass er ohne Anerkennung der belegärztlichen Tätigkeit durch die Antragsgegnerin von seiner ihm bestandskräftig eingeräumten Rechtsposition als zugelassener Vertragsarzt keinen Gebrauch machen könne. Die Antragstellerin zu 2. könne ein Verfahrensinteresse geltend machen, weil eine Belegarztzulassung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch die Interessen des Krankenhauses berühre. Außerdem habe die Antragstellerin zu 2. ein gewichtiges Interesse daran, ihr Leistung...