Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Voraussetzungen der Anerkennung als Belegarzt. hier: Facharzt für Kinderchirurgie nach Weiterbildungsordnung der niedersächsischen Ärztekammer in chirurgischer Krankenhausabteilung. Abweichen vom Krankenhausplan

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anerkennung als Belegarzt setzt voraus, dass die geplante Tätigkeit sowohl mit dem vertragsärztlichen Versorgungsauftrag als auch mit dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses übereinstimmt.

2. Auch nach Änderung der niedersächsischen Weiterbildungsordnung (juris: ÄWeitBiO ND) im Jahr 2005 können Vertragsärzte für Kinderchirurgie nicht als Belegarzt in Fachabteilungen für Chirurgie arbeiten.

 

Orientierungssatz

Regelungen des Krankenhausplanungsrechts müssen nicht deckungsgleich mit den Vorgaben der jeweils geltenden Weiterbildungsordnung ausgelegt werden (vgl BSG vom 27.11.2014 - B 3 KR 1/13 R = BSGE 117, 271 = SozR 4-2500 § 108 Nr 3).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 10. April 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 40.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Anerkennung des Klägers als Belegarzt abgelehnt hat.

Der Kläger ist seit August 2001 als Facharzt für Kinderchirurgie mit Praxissitz in E. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Januar 2008 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung als Belegarzt als Facharzt für Kinderchirurgie in der F. -Klinik in E.. Diese war seit 2006 mit insgesamt 30 Betten in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen, darunter 10 Planbetten in der “Fachrichtung„ Chirurgie (Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit (im Folgenden: Sozialministerium) vom 10. April 2006). Das Krankenhaus bescheinigte, dem Kläger ein Belegbett im Bereich Chirurgie zur Verfügung stellen zu wollen. Die von der Beklagten hierzu befragten Krankenkassen(verbände) stimmten dem Antrag nicht zu. Mit Bescheid vom 7. April 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach § 40 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 32 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV) setze die Anerkennung als Belegarzt voraus, dass an dem betreffenden Krankenhaus eine Belegabteilung der entsprechenden Fachrichtung des Vertragsarztes nach Maßgabe der Gebietsbezeichnung (Schwerpunkt) der Weiterbildungsordnung (WBO) in Übereinstimmung mit dem Krankenhausplan oder mit dem Versorgungsvertrag eingerichtet sei. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, da in der F. -Klinik nach dem Niedersächsischen Krankenhausplan allein chirurgische Betten vorgesehen seien. Außerdem sei der Kläger als Facharzt für Kinderchirurgie zugelassen und dürfe deshalb lediglich Kinder und Jugendliche behandeln. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. August 2008).

Hiergegen hat der Kläger am Montag, dem 22. September 2008 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die seitens der Beklagten vorgenommene Trennung der Kinderchirurgie von der Chirurgie widerspreche dem Bedarfsplanungsrecht, in dem nur die Arztgruppe der Chirurgen vorgesehen sei, sowie dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM), in dessen Präambel zu Kapitel 7 die Leistungen dieses Kapitels auch für Fachärzte für Kinderchirurgie für abrechenbar erklärt würden. Soweit § 40 Abs 1 BMV-Ä und § 32 Abs 1 EKV eine entsprechende Fachrichtung nach Maßgabe der Gebietsbezeichnung (Schwerpunkt) der WBO verlangten, handele es sich um das umfassende Gebiet der Chirurgie. Ansonsten wären Kinderchirurgen gegenüber anderen Vertragsärzten der Arztgruppe Chirurgie benachteiligt, weil sie vor einer Niederlassung die Zulassungsbeschränkungen im gesamten Gebiet der Chirurgie beachten müssten, die sich aus der Zulassung ergebende Rechte wie die Tätigkeit als Belegarzt jedoch nicht ausüben könnten. Die Auffassung der Beklagten würde außerdem die Erbringung belegärztlicher Leistungen auf dem Gebiet neuer Fachgebiete oder Schwerpunkte erschweren und dem gesetzlichen Ziel zuwiderlaufen, die Belegarzttätigkeit zu fördern. Schließlich sei der Niedersächsische Krankenhausplan rechtswidrig, weil er die Entwicklung im Weiterbildungs- und im Bedarfsplanungsrecht nicht nachvollzogen habe.

Das SG hat mit Urteil vom 10. April 2013 den Bescheid vom 7. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2008 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Anerkennung für eine belegärztliche Tätigkeit in der F. -Klinik in E. zu erteilen. Der Niedersächsische Krankenhausplan, der nach verschiedenen Fachrichtungen unterteile, entspreche nicht mehr der gültigen WBO, die seit dem 1. Mai 2005 zwischen G...

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