Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer nach dem 31. März 2008 eingelegten Kostenbeschwerde. Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer nach dem 31.3.2008 eingelegten Kostenbeschwerde. Vertrauensschutz. veraltete Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn sie nach dem 31. März 2008 eingelegt wird.

2. Vertrauensschutz kann nur derjenige geltend machen, der bereits vor der Änderung des Verfahrensrechts durch Einlegung einer - damals - statthaften Beschwerde eine gewichtige verfahrensrechtliche Position erworben hatte (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2008, L 23 B 89/08 SO, juris).

 

Orientierungssatz

Eine veraltete Rechtsmittelbelehrung kann allenfalls dann einen derartigen Vertrauensschutz bewirken, wenn der Betroffene, der noch rechtzeitig unter Geltung des alten Rechts das Rechtsmittel hätte einlegen können, auf die veraltete Rechtsmittelbelehrung der erstinstanzlichen Entscheidung vertraut hat (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 2.6.2008 - L 32 B 758/08 AS).

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 31. März 2008 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für das vor dem Sozialgericht Oldenburg (SG) geführte Klageverfahren wegen der Aufhebung und Rückforderung der Gewährung von Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) streitig.

Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des SG Oldenburg vom 28. März 2008 den Rechtsstreit einvernehmlich für erledigt erklärt haben, hat das SG mit Beschluss vom 31. März 2008 der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Klageverfahren auferlegt. Dem Beschluss ist eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt, wonach er mit der Beschwerde zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung angefochten werden könne. Er ist der Beklagten am 2. April 2008 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 28. April 2008 Beschwerde eingelegt. Sie wendet sich gegen die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Gemäß § 172 Abs 3 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung (Artikel 1 Nr 29b des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl I Seite 444) ist die Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG ausgeschlossen. Diese Vorschrift ist hier anwendbar. § 172 Abs 3 Nr 3 SGG ist ohne Übergangsregelung am 1. April 2008 in Kraft getreten. Nach dem allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts erfasst eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten (BVerfG, Beschluss vom 7.Juli 1992, 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90, BVerfGE 87, 48). Die am 28. April 2008 eingelegte Beschwerde unterliegt deshalb dem ohne Übergangsregelung ab 1. April 2008 in Kraft getretenen Verfahrensrecht, wonach die Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG nicht mehr statthaft ist.

Eine Einschränkung dieses Grundsatzes aus Gründen des Vertrauensschutzes ist hier nicht geboten. Der Anwendung des oben dargestellten allgemeinen Grundsatzes des intertemporalen Prozessrechts sind dann Grenzen gesetzt, wenn eine nachträgliche Beschränkung von Rechtsmitteln zum Fortfall der Statthaftigkeit eines bereits eingelegten Rechtsmittels führen würde (BVerfG aaO).

So ist die Sachlage hier jedoch nicht. Durch die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des SG vom 31. März 2008 allein hat die Beklagte eine schützenswerte verfahrensrechtliche Position nicht erworben. Vertrauensschutz kann insoweit nur derjenige geltend machen, der bereits vor der Änderung des Verfahrensrechts durch Einlegung einer - damals - statthaften Beschwerde eine gewichtige verfahrensrechtliche Position erworben hatte ( LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Mai 2008, L 23 B 89/08 SO, juris). Ausnahmsweise könnte eine veraltete Rechtsmittelbelehrung allenfalls dann einen derartigen Vertrauensschutz bewirken, wenn der Betroffene, der noch rechtzeitig unter Geltung des alten Rechts das Rechtsmittel hätte einlegen können, auf die veraltete Rechtsmittelbelehrung der erstinstanzlichen Entscheidung vertraut hat (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Juni 2008, L 32 B 758/08 AS, juris). Die Beklagte hatte hier im Zeitpunkt der Rechtsänderung gerade keine schützenswerte verfahrensrechtliche Position inne, die ihr mit der Rechtsänderung rückwirkend genommen würde und deshalb einen Vertrauensschutz begründen könnte. Aufgrund des am 2. April 2008 zugestellten Beschlusses des SG Oldenburg konnte sie die Beschwerde zulässig nicht mehr nach altem Verfahrensrecht erheben. Ebensowenig war die alte Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu begründen, weil im Zeitpunkt der Zustellung de...

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