Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. Darlehen für Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft. Ermessensreduzierung. keine Angemessenheitsprüfung bei neuem Leistungsbezieher
Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung, ob Mietrückstände nach § 22 Abs 5 S 2 SGB 2 zu übernehmen sind, kommt es bei neu in den Bezug tretenden Leistungsberechtigten nicht darauf an, ob die Wohnung angemessen iS des Grundsicherungsrechts ist.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichtes Hannover vom 19.Juli 2006 wird aufgehoben.
Die Beschwerdegegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, einen Betrag in Höhe von Euro 3.206,63 für den Ausgleich der Mietschulden des Beschwerdeführers für die Wohnung D., 1. Obergeschoss rechts in E. als Darlehen zu gewähren.
Die Beschwerdegegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers in erster und zweiter Instanz zu tragen.
Dem Beschwerdeführer wird Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt F., G., gewährt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung von Mietschulden nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der 1969 geborene Beschwerdeführer lebt mit seinem 1999 geborenen Sohn H. und seinem 1997 geborenen Pflegesohn I. in einer 73 qm großen Wohnung in der D. in G.. Für diese Wohnung hat er ausweislich des Mietvertrages vom 30. März 2004 eine monatliche Miete in Höhe von 450,00 Euro zuzüglich eines Betriebskostenvorschusses von 70,00 Euro zu zahlen.
Der Beschwerdeführer war bis April 2006 bei der Firma J. in Hannover beschäftigt. Er hat dort einen Bruttoverdienst von 1.600,00 Euro monatlich erzielt.
Im April 2006 wandte er sich an die Beschwerdegegnerin und teilte mit, sein Arbeitsverhältnis sei noch während der Probezeit beendet worden. Er beantragte, ihm Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Dem entsprach die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 19. April 2006 für den Zeitraum Mai bis September 2006. Hierbei erkannte sie die Kosten der Unterkunft (KdU) des Beschwerdeführers in voller Höhe an. Mit weiterem Bescheid vom 27. April 2006 gewährte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer ein Darlehen zur Abdeckung von aufgelaufenen Energieschulden in Höhe von 902,68 Euro. Gleichzeitig wurde mit dem Beschwerdeführer vereinbart, von seiner laufenden Hilfe monatlich 50,00 Euro zur Begleichung dieses Darlehens einzubehalten.
Am 2. Mai 2006 wandte sich der Beschwerdeführer erneut an die Beschwerdegegnerin. Er teilte mit, es seien Mietrückstände in Höhe von 3.206,63 Euro aufgelaufen, und beantragte, ihm insoweit ein Darlehen aus Mitteln des SGB II zu gewähren. Weiter berichtete er unter Vorlage von Unterlagen, der Vermieter habe die Wohnung bereits fristlos gekündigt und betreibe nunmehr das zivilgerichtliche Räumungsverfahren.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2006 lehnte die Beschwerdegegnerin die Gewährung eines Darlehens zur Abdeckung der Mietrückstände ab. Zur Begründung wies sie im Wesentlichen darauf hin, die Wohnung sei grundsicherungsrechtlich gesehen zwar angemessen groß, jedoch nach ihren Maßstäben zu teuer. Es sei nicht gerechtfertigt, Mietschulden für eine grundsicherungsrechtlich unangemessen teuere Wohnung zu übernehmen.
Am 13. Juni 2006 hat der Beschwerdeführer bei dem Sozialgericht (SG) Hannover beantragt, die Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ein Darlehen zur Begleichung der Mietschulden zu gewähren.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 19. Juli 2006 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine Eilbedürftigkeit könne nicht erkannt werden, da der Beschwerdeführer auf Anfragen des Gerichts nicht reagiert habe.
Gegen den am 25. Juli 2006 zugestellten Beschluss ist am 25. August 2006 Beschwerde eingelegt worden.
Das SG hat am 29. August 2006 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen und die Sache am 4. September 2006 dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beschwerdeführer weist im Beschwerdeverfahren erneut darauf hin, er sei darauf angewiesen, ein Darlehen zu erhalten, um die Wohnung für sich und seine beiden Söhne zu erhalten. Die Erlangung einer billigeren Wohnung sei für ihn insbesondere schwierig, da sein Sohn H. an Asthma erkrankt sei und an die zu findende Wohnung daher erhöhte Anforderungen zu stellen seien.
Die Beschwerdegegnerin ist nach wie vor der Auffassung, die Gewährung des Darlehens sei grundsicherungsrechtlich nicht gerechtfertigt, da die Wohnung für die Verhältnisse in ihrem Zuständigkeitsbereich unangemessen teuer sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beschwerdegegnerin Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
Das SG hat zu Unrecht ent...