Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. unangemessene Unterkunft eines ehemaligen Sozialhilfeempfängers. Aufforderung zur Kostensenkung durch Sozialhilfeträger. keine Übernahme von Mietschulden

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Übernahme von Mietschulden kommt nicht in Betracht, wenn diese durch den Verbleib in einer nicht angemessenen Wohnung verursacht wurden, obwohl der Antragsteller zur Kostensenkung aufgefordert worden ist.

 

Tenor

Auf Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 21. Dezember 2006 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird insgesamt abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Beschwerdeverfahren nur noch die darlehensweise Übernahme von Mietschulden durch den Antragsgegner streitig.

Die 1960 geborene Antragstellerin bewohnt mit ihren beiden 1986 und 1988 geborenen Kindern eine 120 qm große Wohnung in Isernhagen, für die sie Unterkunftskosten von 880,-- Euro monatlich zuzüglich Heizkosten geltend macht. Bereits im Rahmen des Bezuges von Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wurde sie aufgefordert, die Unterkunftskosten zu senken. Ihr wurde ab 01.11.2004 eine Miethöhe einschließlich Nebenkosten von 545,-- Euro entsprechend der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz, Stufe IV, erstattet. Ab 01.01.2005 bis zum 30.04.2005 erhielt die Antragstellerin an Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nur die Unterkunftskosten in Höhe von 353,-- Euro monatlich (für zwei Personen, weil der Sohn Alexander nach alter Rechtslage einen eigenen Leistungsanspruch hatte). In der Zeit von Mai 2005 bis Juli 2006 übte die Antragstellerin eine Teilzeitbeschäftigung mit einem Nettoeinkommen von 456,-- Euro sowie eine selbstständige Tätigkeit als Finanzanalystin mit Einkünften nach eigenen Angaben von ca. 200,-- bis 300,-- Euro monatlich aus. Ab 01.07.2006 bewilligte ihr der Antragsgegner wieder SGB II-Leistungen einschließlich Unterkunftskosten in Höhe von 545,-- Euro monatlich. Der Bewilligungsbescheid wurde bestandskräftig.

Mit Anwaltschreiben vom 31. Oktober 2006 beantragte die Antragstellerin die Überprüfung dieser Bescheide gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit dem Ziel, rückwirkend die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu erhalten. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner durch Bescheid vom 29. November 2006 ab. Die Antragstellerin verlangte ferner die Übernahme der bis dahin angefallenen Mietrückstände, die ausweislich eines Schreibens der Vermieterin vom 14. November 2006 nebst Ankündigung einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses insgesamt 2.189,54 Euro betrugen. Auch dieses Begehren lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 19.10.2006 ab. Gegen beide Bescheide wurde Widerspruch eingelegt. Darüber wurde teilweise durch Widerspruchsbescheid vom 04.12.2006 entschieden. Ob ein Klageverfahren anhängig ist, geht aus den Akten nicht hervor.

Am 8. Dezember 2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Hannover einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingereicht, mit dem sie die vorläufige Verurteilung des Antragsgegners zur Übernahme der Mietrückstände sowie zur Erstattung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in voller Höhe beantragt hat.

Das Sozialgericht Hannover hat durch Beschluss vom 21. Dezember 2006 den Antragsgegner verpflichtet, die Mietrückstände in Höhe von 2.189,54 Euro darlehensweise an die Vermieterin der Antragstellerin zu zahlen und im Übrigen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass es für die Übernahme der Mietrückstände nicht darauf ankomme, ob die Kosten der Unterkunft auch angemessen seien. Denn § 22 Abs 5 Satz 2 SGB II wolle sicherstellen, dass die Kosten zur Sicherung der Unterkunft solange übernommen werden, bis ein Umzug in eine angemessene Wohnung möglich sei. Nur in besonderen Ausnahmesituationen, z. B. beim Einsatz von Schonvermögen, sei die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung von Mietschulden nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft fehle jedoch der Antragstellerin das Rechtsschutzinteresse, weil der Bewilligungszeitraum 31. Dezember 2006 abgelaufen sei.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 10. Januar 2007 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Antragstellerin die Notlage selbst verschuldet habe. Eine Schuldenübernahme sei in derartigen Fällen nicht gerechtfertigt.

Demgegenüber vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass der Antragsgegner kein Rechtsschutzbedürfnis mehr habe, weil sie zwischenzeitlich den streitigen Betrag bewilligt und an die Vermieterin überwiesen habe.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - S...

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