nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Aurich (Aktenzeichen S 2 RI 160/99) |
Tenor
Die Entschädigung für das ärztliche Gutachten des Antragstellers vom 9. August 2002 wird auf 1.083,14 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstattete in dem Berufungsverfahren B. gegen die Landesversicherungsanstalt Hannover - Az.: L 2 RI 31/02 - gemäß Beweisanordnung vom 31. Mai 2002 das schriftliche Sachverständigengutachten vom 9. August 2002. Mit Liquidation vom selben Tag machte er eine Entschädigung von insgesamt 1.168,70 Euro geltend. Hierbei setzte er einen Zeitaufwand von 14,5 Stunden, à 50,- Euro pro Stunde, an.
Die Kostenbeamtin reduzierte die Forderung mit Festsetzung vom 21. August 2002. Sie setzte u.a. einen Stundensatz von 41,- Euro fest, weil das erstattete Gutachten lediglich als mittelschwer einzustufen sei. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. August 2002 richterliche Festsetzung beantragt. Er hält die Kürzung des Stundenlohnes von 50,- Euro auf 41,- Euro nicht für gerechtfertigt. Die Kostenbeamtin hat dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen.
II.
Der Antrag auf richterliche Festsetzung ist gem § 16 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) zulässig.
Er ist teilweise auch begründet.
Der in § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG bis zum 31. Dezember 2001 vorgesehene Entschädigungsrahmen betrug 50,- bis 100,- DM. Nach § 3 Abs 2 ZSEG in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (BGBl I 751) beträgt die Entschädigung für einen vom Gericht beauftragten Sachverständigen für jede Stunde der erforderlichen Zeit 25,- bis 52,- Euro (Satz 1). Für die Bemessung des Stundensatzes sind der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war; der Stundensatz ist einheitlich für die gesamte erforderliche Zeit zu bemessen (Satz 2).
Welcher Stundensatz innerhalb des Entschädigungsrahmens zu gewähren ist, bestimmt sich nach der Art der erbrachten gutachterlichen Leistung. Nach der bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsprechung des erkennenden Senats waren einfache ärztliche Gutachten ohne besondere Fachkenntnisse mit einer Mindestvergütung von 60,- DM, mittelschwere ärztliche Gutachten mit gesteigerten Fachkenntnissen mit einem Stundensatz von 80,- DM und besonders schwierige Gutachten mit einem Stundensatz von 100,- DM zu entschädigen (vgl. z.B. Beschluss vom 22. Juli 2002 - L 4 SF 6/02 -).
Bereits im Beschluss vom 22. Juli 2002 - L 4 SF 6/02 - hat der Senat zu einem im Jahre 2001 erstatteten Gutachten jedoch ernste Zweifel geäußert, ob der Entschädigungsrahmen von 60,- bis 100,- DM noch angemessen und mit Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Sachverständigenvergütung trotz allgemeiner Teuerung seit 8 Jahren unverändert gilt und sich die Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Entschädigungsrahmens mit zunehmender Teuerung, d.h. mit zunehmendem Zeitablauf, verdichten. Die Änderung des § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG mit Wirkung vom 1. Januar 2002 hat diese Bedenken nicht ausgeräumt. Denn die Änderung diente lediglich der Umstellung der DM-Beträge auf Euro-Beträge mit entsprechenden Rundungen.
Der Senat sieht sich nun veranlasst, seine bisherige Spruchpraxis fortzuentwickeln. In ständiger Rechtsprechung hat der Senat den unteren Entschädigungssatz von 50,- DM (heute: 25,- Euro) schon als unangemessen angesehen. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Entschädigung von 50,- DM pro Stunde für einen ärztlichen Sachverständigen im Vergleich zu den Stundensätzen für Tätigkeiten, die eine ähnlich qualifizierte und langwierige Berufsausbildung, ein vergleichbares Fachwissen und eine entsprechende Verantwortung erfordern, unverhältnismäßig ist. Aber auch eine Entschädigung von 60,- DM (etwa 31,- Euro) für einfache und von 80,- DM (etwa 41,- Euro) für mittelschwere Gutachten ist für die Zeit ab 1. Januar 2002 unangemessen niedrig.
Art. 19 Abs. 4 GG garantiert jedem Bürger effektiven Rechtsschutz gegenüber der öffentlichen Gewalt. Dieses Recht wird durch Gerichte sichergestellt. Die Tätigkeit der Gerichte verursacht Kosten. Sie sind von der öffentlichen Hand zu tragen, wenn das Gerichtsverfahren - wie in der Sozialgerichtsbarkeit (§ 183 Sozialgerichtsgesetz, SGG) - weitgehend kostenfrei ist. Die Kosten für die Dritte Gewalt gehören zu den elementaren Kosten eines Rechtsstaats. Sie schließen die Vergütung der Leistungen ein, die zur Rechtsfindung erforderlich sind. Hierzu gehören im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich auch die Kosten für die Sachverständigen.
Ein Sachverständiger, der von einem Gericht zur Erstattung eines Gutachtens herangezogen wird, darf die Erstattung des Gutachtens grundsätzlich nicht mit Hinweis auf den geringen Stundensatz ablehnen (anders z.B. der Berufsbetreuer, vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 1904/95 etc. in BVerfGE 1...