Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage ist zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II und somit grundsätzlich privilegiertes Einkommen
Leitsatz (amtlich)
Die Eigenheimzulage bezweckt nach dem Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung eine verstärkte Förderung der sogenannten Schwellenhaushalte und dabei vorrangig der Familien mit Kindern. Sie ist damit als zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II und somit grundsätzlich als privilegiertes Einkommen anzusehen, soweit sie zur Herstellung oder Anschaffung des selbstgenutzten Wohneigentums eingesetzt wird. Die Zweckrichtung würde verfehlt, wenn der Empfänger die Leistung als Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwenden müsste und dadurch gehindert wäre, sie ihrer eigentlichen Zweckbestimmung zufließen zu lassen.
Leitsatz (redaktionell)
Die Eigenheimzulage ist bei der Einkommensermittlung nach § 11 SGB 2 nicht zu berücksichtigen, wenn bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 28.5.2003 die Eigenheimzulage nicht als privilegiert angesehen, weil sie nicht zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werde. Auf die seit dem 1.1.2005 geltenden Regelungen im SGB 2 kann diese Entscheidung nicht übertragen werden, weil ein gesetzlich ausdrücklich genannter Zweck der Leistung nicht mehr erforderlich ist.
Wesentliches Kriterium für die Nichtberücksichtigung beim Einkommen ist die Zweckbindung. Die Eigenheimzulage bezweckt eine verstärkte Förderung der sog. Schwellenhaushalte. Familien mit geringem oder mittlerem Einkommen soll der Erwerb von Wohneigentum besser ermöglicht werden. Es widerspräche dem Zweck der Eigenheimzulage, wenn diese als Einnahme auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB 2 angerechnet würde. Deshalb ist sie privilegiertes Einkommen.
Die Eigenheimzulage ist nur dann als zweckbestimmte Einlage vom Einkommen abzusetzen, wenn ein entsprechender Verwendungsnachweis dahingehend geführt werden kann, dass sie tatsächlich zur Anschaffung selbstgenutzten Wohneigentums eingesetzt wird. Das verlangt den Nachweis, dass die Eigenheimzulage fester Bestandteil einer geplanten Wohnraumfinanzierung ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. März 2005 aufgehoben.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. März 2005 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin beider Instanzen zu erstatten.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin gewährte der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2005 in Höhe von 809,15 € monatlich. Die Zahlung wurde ab 1. März 2005 vorläufig eingestellt, weil die Antragstellerin am 15. März 2005 eine Eigenheimzulage in Höhe von 2.556,46 € erhielt, welche nach Auffassung der Antragsgegnerin als Einkommen zu berücksichtigen sei und Hilfebedürftigkeit ausschließe. Mit Bescheid vom 16. März 2005 hob die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung wegen der erhaltenen Eigenheimzulage vom 1. März bis zum 24. April 2005 auf. Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. April 2005 Widerspruch ein.
Bereits am 1. März 2005 hatte die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Oldenburg beantragt, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verurteilen, ihr Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 809,15 € weiterhin auszuzahlen. Sie habe im Jahre 1999 mit öffentlichen Krediten ein behindertengerechtes Eigenheim gebaut. Die zu beanspruchende Eigenheimzulage habe sie unwiderruflich zur Tilgung an die Niedersächsische Landestreuhandstelle für das Wohnungswesen (LTS) abgetreten. Dieser Betrag werde nur formal vom Finanzamt auf ihr Konto überwiesen, weil sie den Betrag unverzüglich an die LTS weiterleite.
Demgegenüber hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass es sich bei der Eigenheimzulage um eine verwertbare Einnahme handele, weil sie als Sonderzahlung zur Tilgung von Kreditverbindlichkeiten verwendet werde. Bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den täglichen Gesamtbedarf ergebe sich für 55 Tage kein Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), die Antragstellerin könne vom 1. März bis zum 10. Mai 2005 den Lebensunterhalt durch die Eigenheimzulage bestreiten.
Das SG Oldenburg hat durch Beschluss vom 8. März 2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. In den Gründen hat es ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch für die begehrte Eilentscheidung fehle. Die Antragsgegnerin sei gemäß § 40 Abs 1 Nr 2 SGB II zur vorläufigen Zahlungseinstellung berechtigt gewesen. Die Antragstellerin beabsichtige, mit der Eigenheimzulage das Darlehen bei der LTS zu tilgen und auf diese Weise Vermögen zu bilden. Leistungen nach dem SGB II dürften jedoch nicht zur Vermögensbildung dienen.
Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss am 9. März...