Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde. Nichtfeststellbarkeit des Wertes des Beschwerdegegenstandes. keine Fortführung der unzulässigen Nichtzulassungsbeschwerde als Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nur in den in § 144 Abs 1 SGG genannten Fällen zulässig.

2. Lässt sich wegen fehlenden konkreten Vortrags der Kläger sowie mangels Formulierung konkreter Klage- bzw Berufungsanträge nicht feststellen, dass einer der in § 144 Abs 1 SGG genannten Fälle vorliegt (hier: Streitwert von maximal 750 Euro), ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.

3. Die Fortführung einer solchen unzulässigen Nichtzulassungsbeschwerde als Berufung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil bei Unkenntnis des Wertes des Beschwerdegegenstandes auch nicht festgestellt werden kann, dass der für eine Zulässigkeit der Berufung erforderliche Mindestwert von 750,01 Euro erreicht wird.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 22. März 2012 (L.) wird zurückgewiesen.

Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Kläger begehren die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 22. März 2012 (L.).

Die Kläger stehen bereits langjährig im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Am 25. März 2011 beantragten sie die Überprüfung sämtlicher für den Bewilligungsabschnitt November 2009 bis April 2010 ergangener Bescheide gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Der Antrag enthielt weder eine Begründung, aus welchen Gründen die bisherige Leistungsgewährung rechtsfehlerhaft gewesen sein soll, noch einen konkreten oder ungefähren Betrag, in dessen Höhe weitere SGB II-Leistungen begehrt wurden.

Der Beklagte lehnte die beantragte Korrektur der Leistungsbewilligung für den Bewilligungszeitraum November 2009 bis April 2010 (d.h. eine Korrektur der Bescheide vom 16. Dezember 2009, 13. Januar 2010, 22. Januar 2010, 3. Februar 2010, 4. März 2010, 14. April 2010 und 12. Mai 2010) mit Bescheid vom 22. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 ab.

Hiergegen haben die Kläger am 15. Dezember 2011 beim Sozialgericht (SG) Braunschweig Klage erhoben. In der Klageschrift haben sie das Klagebegehren mit "ALG II Leistungen: 11/09 - 4/10" bezeichnet, einen konkreten Klageantrag jedoch nicht formuliert. Inhaltlich haben sie u.a. geltend gemacht, dass hinsichtlich der Unterkunfts- und Heizungskosten eine Begründung nachzuholen sei, ebenso hinsichtlich der Einkommensfreibeträge. Gleichzeitig haben sie einen weiteren Antrag nach § 44 SGB X gestellt, den der Beklagte mit Bescheid vom 20. Februar 2012 abgelehnt hat.

Das SG hat den Bescheid vom 22. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 abgeändert. Zusätzlich hat es folgende weitere Bescheide teilweise aufgehoben: Bescheid vom 13. Januar 2010 über die endgültige Festsetzung für November 2009 (soweit eine Erstattungsforderung von mehr als 24,31 Euro festgesetzt worden ist), Bescheid vom 3. Februar 2010 über die endgültige Festsetzung für Januar 2010 (soweit eine Erstattungsforderung von mehr als 1,79 Euro festgesetzt worden ist), Bescheid vom 4. März 2010 über die endgültige Festsetzung für Februar 2010 (soweit eine Erstattungsforderung von mehr als 1,77 Euro festgesetzt worden ist) sowie Bescheid vom 12. Mai 2010 über die endgültige Festsetzung für April 2010 (soweit eine Erstattungsforderung von mehr als 4,39 Euro festgesetzt worden ist). Die weitergehende Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 22. März 2012).

Gegen das den Klägern am 25. April 2012 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 14. Mai 2012 eingelegte, inhaltlich jedoch nicht näher begründete Nichtzulassungsbeschwerde.

Der Senat hat die Kläger um Mitteilung des Wertes des Beschwerdegegenstandes i.S.d. § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebeten. Erläuternd hat der Senat darauf hingewiesen, dass derzeit nicht nachvollzogen werden könne, ob der Wert des Beschwerdegegenstands tatsächlich unter 750,01 Euro liege, da erstinstanzlich ein ausformulierter Klageantrag nicht gestellt und zudem ein Teilerfolg erzielt worden sei. Weiterhin sind die Kläger um Mitteilung der nach ihrer Auffassung vorliegenden Zulassungsgründe i.S.d. § 144 Abs 2 SGG gebeten worden (Verfügung vom 31. Mai 2012). Diese Verfügung ist auch nach Erinnerungen vom 16. Juli 2012 und 28. August 2012 unbeantwortet geblieben.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, da nicht festgestellt werden kann, dass deren Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §§ 144, 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfüllt sind.

Nach § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte die Berufung statt, soweit sich aus den Vorschriften des ersten Unterabschnittes des zweiten Abschnitts des SGG nichts anderes ergibt. § 144 Abs 1 SGG bestimmt hierzu, dass die Berufung der Zulassung bedarf, w...

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