Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB 5. Entwöhnungsbehandlung in einer Privatklinik. Beschränkung auf konkrete Behandlungsmaßnahmen ausgeschlossen. Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB 5. Vorfestlegung auf Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer. keine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Die Beschränkung des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 Abs 2 SGB 5 auf eine konkrete Behandlungsmaßnahme ist ausgeschlossen (vgl LSG Stuttgart vom 22.2.2022 - L 11 KR 881/21 = juris RdNr 29 ).
2. Legt sich der Versicherte von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer fest, besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB 5. Ein starkes Indiz für eine solche Vorfestlegung ist es, wenn ein Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten für eine konkrete, von der Versicherten selbst ausgesuchte nicht zugelassene Privatklinik gestellt wird für Krankheiten, deren Behandlung als Sachleistung in der gesetzlichen Krankenversicherung ein alltäglicher Vorgang ist (vgl LSG Stuttgart vom 22.2.2022 - L 11 KR 881/21 = juris RdNr 36 ).
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgericht Hannover vom 6. November 2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt anteilige Kostenerstattung für eine Entwöhnungsbehandlung in einer Privatklinik.
Die 1958 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bei ihr bestand eine langjährige Medikamentenabhängigkeit. Als keine Schlafmittel mehr rezeptiert wurden, beschaffte sie sich Medikamente über das Internet. Da die georderten hochdosierten Medikamente in Deutschland keine Zulassung hatten, wurde durch den Zoll ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens erkannte die Klägerin ihre dringende Behandlungsbedürftigkeit. Mit Verordnung vom 10.Februar 2020 verordnete die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie G. eine stationäre Krankenhausbehandlung zur Entgiftung unter der Diagnose F13.2 Abhängigkeit von Hypnotika und Sedativa. Der Entzug sei ambulant zu riskant und nicht erfolgsversprechend. Die Klägerin sei seit 2016 in ambulanter nervenärztlicher Behandlung wegen Depression, Schlafstörungen, innerer Unruhe, Herzrasen und Suchtdruck.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2020 beantragte die Klägerin (vertreten durch ihren Ehemann) bei der Beklagten eine Kostenbeteiligung für die vollstationäre Behandlung in der H. Fachklinik I. ab Mitte Januar 2021 zum Tagessatz von 650,- Euro. Eine ambulante Behandlung sei aufgrund des Krankheitsbildes nicht ausreichend. Die J. (K.) habe zu lange Wartezeiten für einen stationären Termin. Geeignete Kliniken seien im Umkreis des Wohnortes nicht vorhanden.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2020 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Die H. Fachklinik I. sei eine Privatklinik ohne Versorgungsvertrag. Alternativ wäre eine Versorgung wohnortnah im L., im M. oder im N. möglich.
Mit Widerspruch vom 22. Dezember 2020 führte die Klägerin aus, das O. führe keine Entgiftung durch, das P. biete nur eine nicht ausreichende Behandlung für 5 Tage an und das N. habe bisher nicht geantwortet. Zudem legte sie das hausärztliche Attest vom 22. Dezember 2020 vor, in dem der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr Q. eine anteilige Kostenübernahme empfahl. Die von der Beklagten genannten Kliniken seien für die erforderliche Therapie nicht geeignet bzw sei eine Behandlung nicht zeitnah möglich. Aus ärztlicher Sicht sollte die stationäre Therapie umgehend beginnen.
Unter dem 7. Januar 2021 verordnete Dr Q. Krankenhausbehandlung in der H. Fachklinik I. wegen Medikamentenabhängigkeit. Unter dem 24. Januar 2021 teilte die Klägerin mit, dass sie die stationäre Behandlung dort am 20. Januar 2021 begonnen habe.
Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst (MD) wies in seiner Stellungnahme vom 27. Januar 2021 darauf hin, dass ein aktueller psychiatrischer Befundbericht oder eine psychotherapeutische Stellungnahme nicht vorgelegt worden seien. Aus den vorliegenden Unterlagen könne eine vollstationäre Krankenhausbehandlungsindikation zur Entgiftung abgeleitet werden. Hinweise zur Durchführung einer Psychotherapie ergäben sich allerdings nicht. Die Einschätzung, dass bei langjährig bestehend übermittelter Sedativa-Abhängigkeit mit Krankenhausverordnung aus 2/2020 eine zeitnahe Entgiftung und stationäre psychotherapeutische Behandlung in 1/2021 erforderlich sei, für die es keine geeigneten Vertragskliniken gebe und dass es sich bei der vorgesehenen Privatklinik um die einzig geeignete Klinik handele, sei nicht nachvollziehbar. Empfohlen werde zeitnah und vor Durchführung der Entgiftungsbehandlung die Kontaktaufnahme zur regional ansässigen Suchtberatungsstelle sowie die Einleitung einer ambulanten psychotherapeutischen und fachpsychiatrischen Behandlung.
Mit Widerspruchsbes...