Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Leistungen aus dem bei einem privaten Versicherungsunternehmen abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag für die Berufsgruppe der Seelotsen. Versorgungsbezüge
Orientierungssatz
Erbrachte Leistungen aus dem bei einem privaten Versicherungsunternehmen abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag für die Berufsgruppe der Seelotsen unterliegen der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung (Anschluss an BSG vom 10.6.1988 - 12 RK 35/86 = SozR 2200 § 180 Nr 43).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wehrt sich gegen die Verbeitragung einer ihm ausgezahlten Versicherungssumme durch die Beklagte nach § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Der im Jahre 1942 geborene Kläger ist seit dem 1.7.2007 bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Er war bis zum Eintritt in den Ruhestand als Seelotse tätig und gehörte der Lotsenbrüderschaft G. an.
Gegenstand der Tätigkeit des Seelotsen ist die Beratung der Schiffsführung gegen Entgelt (§§ 23 f. Seelotsgesetz - SeeLG). Diese Beratung des Kapitäns erfolgt im Auftrag des Reeders des Schiffes und stellt einen eigenständigen Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwischen Reeder und Seelotsen dar. Der Seelotse führt die Lotsung in eigener Verantwortung durch. Er gehört nicht zur Schiffsbesatzung und haftet grundsätzlich neben dem Reeder für Schäden. Der Lotsvertrag begründet weder ein Arbeitsverhältnis zum Reeder noch zur Lotsenbrüderschaft.
Der Seelotse ist nach § 21 Abs. 1, 2 SeeLG Selbstständiger, der seine Tätigkeit als freien, nicht gewerblichen Beruf ausübt. Er ist weder Gewerbetreibender noch Arbeitnehmer. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) führt den Seelotsen explizit als freiberufliche Tätigkeit auf. Als Seelotsen können nur Personen bestallt werden, die das Befähigungszeugnis als Kapitän auf Großer Fahrt besitzen und mindestens 6 Jahre Bordstellungen als Kapitän oder nautischer Offizier innegehabt haben (§ 9 Nrn. 1 und 2 SeeLG 1984).
Die für ein Seelotsrevier bestellten Seelotsen bilden eine Lotsenbrüderschaft, § 27 Abs. 1 SeeLG (insgesamt 7 Lotsenbrüderschaften in Deutschland). Die Lotsenbrüderschaft ist nach § 27 Abs. 1 S. 2 SeeLG eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist nicht Arbeitgeber des selbstständigen Seelotsen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, die Belange des Seelotsreviers zu wahren und zu fördern. Nach § 27 Abs. 2 SeeLG hat die Lotsenbrüderschaft die ihr übertragenen Aufgaben (§ 28 SeeLG) als Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen. Zu diesen Aufgaben gehören:
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- die Erfüllung der Berufspflichten zu überwachen |
- die Ausbildung und Fortbildung der Seelotsen zu fördern |
- die Dienstfolge zu regeln |
- bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern zu vermitteln |
- Maßnahmen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung der Seelotsen und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und des Todes gewährleisten |
- die Aufsichtsbehörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet des Seelotswesens zu beraten und zu unterstützen |
- die Lotsgelder für Rechnung der Seelotsen im Auftrag der GWDS (Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt) einzunehmen. |
Die Brüderschaften verteilen an ihre Mitglieder nach einer Lotsgeldverteilungsordnung die Lotsgelder, die vorher von der GWDS nach der Lotstarifverordnung eingezogen wurden.
Nach § 34 SeeLG bilden die Lotsenbrüderschaften die Bundeslotsenkammer. Die Bundeslotsenkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sie untersteht der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Organe der Bundeslotsenkammer sind der Vorsitzende und der zweite Vorsitzende. Entscheidungen werden durch Abstimmung getroffen, bei der die Vorsitzenden und die Lotsenbrüderschaften Stimmrecht haben.
Aufgrund der gesetzlichen Pflicht der Lotsenbrüderschaften aus § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG, Maßnahmen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung der Seelotsen und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und des Todes gewährleisten und die Durchführung dieser Maßnahmen zu überwachen, haben die Lotsenbrüderschaften Versorgungseinrichtungen i.S.v. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V für die Seelotsen gegründet: die Ausgleichskassen der Seelotsen (GAK) bzw. die gemeinsamen Übergangskassen (GÜK). Gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 SeeLG sollen Einkommen und Versorgung der Lotsen der Vorbildung und Verantwortung ihres Berufes entsprechen. Da als Seelotsen nur Personen bestallt werden können, die das Befähigungszeugnis als Kapitän auf Großer Fahrt besitzen und mindestens 6 Jahre Bordstellungen als Kapitän oder nautischer Offizier innegehabt...