Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vorverfahrenspflicht. Verwaltungsaktsqualität einer Abrechnungsmitteilung des Rentenversicherungsträgers. Regelungscharakter. Filterfunktion des Vorverfahrens. Teilurteil. Gebot der Herstellung der Spruchreife
Leitsatz (amtlich)
Ein Versicherungsträger darf sich der sich aus § 78 Abs 1 SGG ergebenden Verpflichtung zur inhaltlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen in einem Vorverfahren auch bei gebundenen Entscheidungen nicht dadurch entziehen, dass er formal den Regelungscharakter der dem Versicherten mitgeteilten Entscheidung in Abrede stellt.
Orientierungssatz
1. Das Vorverfahren dient der Selbstkontrolle der Verwaltung und darüber hinaus soll der Schutz des betroffenen Bürgers verbessert und es sollen die Sozialgerichte vermittels der sog Filterfunktion vor unnötiger Arbeit bewahrt werden.
2. Zur Verpflichtung des Versicherungsträgers zur Bescheidung eines Widerspruchs in der Sache mittels Teilurteil.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. Oktober 2013 abgeändert und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. Januar 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten über die Abrechnung der Rentennachzahlung vom 2. Dezember 2010 in der Sache inhaltlich zu bescheiden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Abrechnung der Rentennachzahlung der Beklagten wegen der Einbehaltung von Erstattungsansprüchen des Beigeladenen zu 3. in Höhe von 37.819,57 €.
Der 1963 geborene Kläger bezog als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft seiner Ehefrau von dem Beigeladenen zu 3. u.a. in der Zeit vom 3. Juni 2005 bis 31. Oktober 2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Nach vorangegangenem Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover (S 4 R 1126/08) bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 5. August 2010 rückwirkend ab 1. August 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Für die Zeit vom 1. August 2004 bis 30. September 2010 errechnete die Beklagte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 47.515,58 €. Mit Schreiben vom 2. September 2010 erfolgte eine Abrechnung der Rentennachzahlung durch die Beklagte, mit der sie zugunsten der Agentur für Arbeit L. für die Zeit vom 5. Oktober 2004 bis 2. Juni 2005 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 5.072,79 € und mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 zugunsten der Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 1. August 2004 bis 4. Oktober 2004 einen Betrag in Höhe von 1.360,62 € zur Erfüllung entsprechend angemeldeter Erstattungsansprüche verrechnet bzw. überwiesen hat. Die verbleibende Rentennachzahlung in Höhe von 41.082,17 € hat der Kläger mit seiner Klage vom 22. Oktober 2010 vor dem SG Hannover in dem Verfahren S 13 R 946/10 für sich beansprucht.
Mit Schreiben vom 11. November 2010 bezifferte der Beigeladene zu 3. seinen mit Schreiben vom 12. August 2010 bei der Beklagten dem Grunde nach geltend gemachten Erstattungsanspruch für die Zeit vom 3. Juni 2005 bis 31. Oktober 2010 mit insgesamt 38.336,69 €. Daraufhin rechnete die Beklagte mit Schreiben vom 2. Dezember 2010 für die Zeit vom 3. Juni 2005 bis 30. September 2010 einen Erstattungsanspruch des Beigeladenen zu 3. in Höhe von 37.819,57 € zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs ab und überwies den danach zugunsten des Klägers verbleibenden Rentennachzahlungsbetrag in Höhe von 3.262,60 € auf dessen Konto. Aufgrund des anhängigen Klageverfahrens verwahrte die Beklagte den Betrag für den Beigeladenen zu 3. bei sich. Zugleich teilte sie mit Schreiben vom 2. Dezember 2010 mit, dass der mit Schreiben vom 11. November 2010 geltend gemachte Erstattungsanspruch des Beigeladenen zu 3. in Höhe von 38.336,69 € in Höhe von 37.819,57 € berücksichtigt werde, denn der Nachzahlungszeitraum umfasse die Monate bis September 2010 einschließlich, weshalb der als Ergänzung geleistete Betrag in Höhe von 474,51 €, der im Oktober 2010 geleistet worden sei, nicht erstattet werden könne. Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2010 hat der Kläger in dem Klageverfahren S 13 R 946/10 die Abrechnung der Rentennachzahlung der Beklagten vom 2. Dezember 2010 beanstandet und macht geltend, dass insbesondere die Abrechnung des Beigeladenen zu 3. nicht nachvollzogen werden könne.
Gegen den Rentenbescheid vom 5. August 2010 erhob der Kläger mit Schreiben vom 29. September 2010 (eingegangen bei der Beklagten am 30. September 201) Widerspruch und wendet sich gegen eine Auszahlung der Rentennachzahlung an den Beigeladenen zu 3. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2011 als unzulässig zurück. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sei die Mitteilung über die Abrechnung einer Rentennachzahlung kein Verwaltungsakt, weil diese keine eigenständige Regelung enthalte. Die Abrechnung der Rentennachzahlung mit der Agentur für Arbeit B....