Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankengeld. Arbeitsunfähigkeit. Verweisbarkeit. gleichgeartete Tätigkeit. ähnlich geartete Tätigkeit. ungelernte Tätigkeit. Reinigungshilfe
Leitsatz (amtlich)
- Ist eine Versicherte als Reinigungshilfe beschäftigt, so kann ein Anspruch auf Krankengeld nicht mit der Begründung abgelehnt werden, sie sei auf eine Beschäftigung als Registraturhilfskraft oder als Pförtnerin verweisbar.
- Die Tätigkeiten als Registraturhilfskraft oder als Pförtnerin stehen einer Tätigkeit als Reinigungshilfe weder gleich noch sind sie gleichgeartet.
Normenkette
SGB V § 44 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
SG Hannover (Urteil vom 21.08.2001; Aktenzeichen S 4 KR 567/00) |
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 21. August 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 23. Mai 2000 und 7. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2000 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den 1. Juni 2000 hinaus Krankengeld zu zahlen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zu übernehmen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Anspruch der Klägerin auf Krankengeld über den 1. Juni 2000 hinaus.
Die am 13. August 1954 geborene Klägerin begann nach dem Besuch der Hauptschule eine Lehre zur Friseurin. Sie konnte die Ausbildung wegen auftretender allergischer Reaktionen nicht beenden. Später arbeitete sie zeitweise als Friseurin oder als Verkäuferin. Vom 20. Juli 1999 an war die Klägerin als Reinigungshilfe in der Firma C.… beschäftigt. Sie arbeitete täglich acht Stunden im Schichtdienst am Flughafen Hannover.
Die Klägerin wurde ab 21. Januar 2000 durch die Ärzte für Chirurgie Dres D.… mit den Diagnosen “Verstauchung rechtes oberes Sprunggelenk, Epicondylitis radialis humeri links” arbeitsunfähig krank geschrieben. Am 16. Februar 2000 erfolgte eine kernspintomographische Untersuchung des linken Ellenbogens (vgl Bericht der Gemeinschaftspraxis Dres E.… vom 16. Februar 2000). Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen – MDK –. Die Gutachterin Dr F.… stellte eine “schmerzhafte Funktionseinschränkung im linken Ellenbogengelenk bei deutlicher Berührungsempfindlichkeit und Hämatom im Bereich des Epicondylitis radialis humeri” fest. Die Arbeitsunfähigkeit als Reinigungskraft am Flughafen sei weiterhin begründet (Gutachten vom 21. März 2000). Eine weitere Beurteilung durch den MDK erfolgte am 23. Mai 2000. Der Sachverständige Dr G.… führte aus, es bestehe bezüglich der Diagnose Epicondylitis humeri radialis kein hinreichendes Korrelat. Die Beschwerdeproblematik werde auf die gesamte Ellenbogenregion fixiert und stelle sich in völlig untypischer Weise bei sämtlichen Bewegungstests als schmerzhaft dar. Aus medizinischer Sicht sei die Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ab 2. Juni 2000 nicht mehr begründet. Die Beklagte teilte dies der Klägerin mit Bescheid vom 23. Mai 2000 mit. Sie zahlte der Klägerin noch bis einschließlich 1. Juni 2000 Krankengeld.
Hiergegen legte die Klägerin am 13. Juni 2000 Widerspruch ein. Es erfolgte eine erneute Begutachtung durch den MDK am 27. Juni 2000. Der Gutachter Dr H.… kam zu der Beurteilung, die von ihm erhobenen Befunde seien mit dem Krankheitsbild einer Epicondylitis radialis humeri nicht in Einklang zu bringen. Die Klägerin sei ab 2. Juni 2000 als arbeitsfähig anzusehen. Demgegenüber hielt der behandelnde Arzt Dr I.…, Arzt für Orthopädie, die Klägerin für weiterhin arbeitsunfähig (Schreiben vom 30. Mai 2000).
Mit Bescheid vom 7. Juli 2000 teilte die Beklagte mit, dass weitere Krankengeldzahlungen über den 1. Juni 2000 hinaus nicht erfolgen könnten. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 10. August 2000 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. August 2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die Klägerin hat mehrere ärztliche Unterlagen und Arztbriefe über ihre Erkrankung vorgelegt. Sie sei auch über den 1. Juni 2000 hinaus wegen ihrer Ellenbogenverletzung arbeitsunfähig krank. Das SG hat einen Befundbericht bei Dres J.… vom 11. September 2000 und ein Gutachten bei Dr K.…, Facharzt für Orthopädie, vom 22. Februar 2001 eingeholt. Der Sachverständige Dr K.… ist zu der Einschätzung gelangt, die Klägerin sei für ihre Tätigkeit als Reinigungskraft ab 2. Juni 2000 arbeitsfähig.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. August 2001 abgewiesen. Es hat sich dabei auf die Gutachten des MDK sowie das bei Dr K.… eingeholte Sachverständigengutachten gestützt. Dr K.… habe eine deutliche Aggravationstendenz bei der Klägerin festgestellt. Die Kammer schließe sich seiner Einschätzung an, dass sich unter Berücksichtigung der Vorgeschichte und der Untersuchungsbefunde zwar eine gewisse Einschränkung der Belastbarkeit des linken Armes durch die Epicondylitis radialis nicht ausschließen lasse, dass die angebene Quantität sich aber nicht nachvollziehe...