Verfahrensgang
SG Hannover (Aktenzeichen S 18 VG 97/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG).
Der am I. geborene Kläger ist tunesischer Staatsbürger. Er hielt sich nach Auskunft der Stadt J. vom 29. November 1995 ab 22. August 1991 in Deutschland auf, um hier eine Beschäftigung und langfristig einen Arbeitsplatz zu finden. Am 17. Dezember 1991 wurde er durch einen Messerstich lebensgefährlich verletzt. Der Täter wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts K. vom 11. Juni 1992 (11 KS 8 Js 1929/91) unter anderem wegen versuchten Totschlages zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Kläger befand sich vom 07. Dezember bis 23. Dezember 1991 im L. zur Behandlung des durch den Messerstich erlittenen scharfen Abdominal- und Thoraxtraumas. In der Klinik erfolgte eine Laparotomie (Eröffnung der Bauchhöhle) sowie eine Thorakotomie (Eröffnung der Brusthöhle); dabei wurden eine Eröffnung des Bauchfells, eine starke Blutung aus einer Interkostalarterie (Arterie zwischen den Rippen) sowie die Durchtrennung einer unteren Rippe festgestellt und behandelt. Nach der Operation musste der Kläger wegen einer Pneumonie zunächst beatmet werden. Die weitere Entwicklung verlief komplikationslos. Bei der Entlassung wies der Kläger noch einen zur weiteren Kontrolle empfohlenen kleinen Restbefund im Bereich der linken Thoraxhälfte auf (Arztbrief des M. vom 16. Januar 1992).
Der Kläger verließ Deutschland am 04. März 1992, er kehrte am 12. Dezember 1992 (Auskunft der Stadt J.) zurück und reiste endgültig am 12. Mai 1993 nach Tunesien aus.
Der Kläger beantragte am 17.07.1995 bei dem Versorgungsamt (VA) Oldenburg Versorgung nach dem OEG. Er leide nach wie vor unter den Folgen der Stichverletzung und den Nachwirkungen der Operation. Von einer Anspruchsberechtigung nach dem OEG sei ihm zuvor nichts bekannt gewesen.
Das VA zog die Strafakten bei. Auf rechtlichen Hinweis des VA machte der Kläger weiter geltend, er habe Anspruch auf einen Härteausgleich. Zur Zeit der Tat habe er keinen Anspruch nach dem OEG gehabt. Durch das zweite Änderungsgesetz zum OEG sei eine rückwirkende Anerkennung für Ausländer grundsätzlich ab 01. Juli 1990 auch betreffend Heilbehandlungskosten eingeführt worden.
Das VA lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 09. August 1996). Der am 17. Juli 1995 eingegangene Antrag auf Versorgung nach dem OEG liege außerhalb der Jahresfrist nach § 90 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Ansprüche könnten danach allenfalls ab dem Antragsmonat bestehen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger jedoch nicht mehr im Geltungsbereich des OEG aufgehalten, so dass der Antrag abgelehnt werden müsse. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. November 1996).
Gegen den am 12. November 1996 abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 12. Dezember 1996 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Er hat darauf hingewiesen, durch damalige Verfahrensbevollmächtigte bereits am 11. Februar 1992 Schadensersatz nach § 5 OEG i.V.m. § 81 a BVG geltend gemacht zu haben. Der Antrag sei durch eine telefonische Mitteilung des VA beantwortet worden. Deren Inhalt sei zum damaligen Zeitpunkt zutreffend gewesen, durch die spätere Rechtsänderung jedoch rückwirkend ab 01. Juli 1990 unrichtig geworden. Ein förmlicher Ablehnungsbescheid sei nicht ergangen. Der Kläger habe den damaligen Antrag weder zurückgenommen noch für erledigt erklärt. Ggfs. greife zu seinen Gunsten ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ein. Der Klage hat der Kläger eine Bescheinigung des Chirurgen Dr. N. aus der tunesischen Stadt O. vom 24. Mai 1995 beigefügt, in der ein dauerhafter Grad der Behinderung mit 32 % geschätzt ist. Der Kläger hat ferner ein Attest des Psychiaters Dr. P. vom 28. März 2002 eingereicht.
Das SG hat Beweis erhoben durch Untersuchungsgutachten der in Tunis ansässigen Allgemeinmedizinerin Dr. Q. vom 30. August 2000, die typische Narbenschmerzen mit einem Behinderungsgrad von max. 10 v.H. bewertet sowie seelische Schadensfolgen mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. mitgeteilt hat.
Das SG hat durch Urteil vom 23. Juli 2002 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, Ansprüche nach § 1 Abs. 5 Nr. 2 OEG hätte der Kläger spätestens am 27. Juli 1994 stellen müssen. Dies habe er indes erst im Juli 1995 getan. Er müsse sich deshalb auf die Abfindungsregelung des § 1 Abs. 7 OEG verweisen lassen. Ein Antragsdatum Februar 1992 könne nicht zu Grunde gelegt werden, weil zum damaligen Zeitpunkt Entschädigungsleistungen für nicht privilegierte Ausländer wie den Kläger nach dem OEG nicht vorgesehen gewesen seien. Ob § 60 Abs. 1 S. 3 BVG neben § 10 c OEG anwendbar sei, könne offen bleiben. Jedenfalls sei der Kläger nicht ohne sein Verschulden an...