Keine Opferentschädigung für verletzten Ladendetektiv
Nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) können Opfer von Gewalttaten Entschädigungsleistungen erhalten. Hintergrund ist die Verantwortung des Staates als Trägers des Gewaltmonopols die Menschen vor kriminellen Handlungen zu schützen. Das eigene Verhalten des Opfers kann allerdings einer Entschädigung entgegenstehen.
LSG: Kein Anspruch auf Beschädigtenversorgung
In einem solchen Fall hat das Landessozialgericht jetzt einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung verneint. Der Kläger, ein Ladendetektiv, wollte – nach Ende seiner Tätigkeit – in einem Lebensmittelmarkt in Biberach an der Riß zwei junge Männer am Betreten des Marktes kurz vor Ladenschluss hindern. Diese verließen trotz seiner Anweisungen den Eingangsbereich des Marktes nicht. Der Ladendetektiv geriet zunächst in eine verbale Auseinandersetzung mit einem der beiden Jugendlichen, dem späteren Täter. Ein Mitarbeiter des Marktes, der Zeuge S., war bereits im Begriff, eine Kollegin um die Verständigung der Polizei zu bitten, als der Kläger anfing, den Jugendlichen aus dem Ladenbereich zu schieben. Der Anruf bei der Polizei erfolgte darauf zunächst nicht. Die Auseinandersetzung setzte sich jedoch weiter fort und wurde aggressiver, sodass der Zeuge S. nun doch die Alarmierung der Polizei veranlasste. Als der Kläger den späteren Täter weiter wegschieben wollte, schlug dieser ihm mehrere Male mit der Faust ins Gesicht. Der Kläger erlitt dadurch insbesondere einen Bruch des Augenhöhlenbodens. Der Täter wurde durch das Amtsgericht Biberach wegen dieser und anderer Taten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung.
Wann besteht Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz?
Einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG hat der verletzte Ladendetektiv jedoch nicht, wie das Landessozialgericht entschieden hat. Zwar sei der Kläger Opfer eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Es seien jedoch diejenigen von der Versorgung ausgeschlossen, die sich selbst bewusst ohne beachtlichen Grund oder leichtfertig in hohem Maße gefährden und dadurch einen Schaden erleiden. Nach diesen Maßstäben lag zur Überzeugung des entscheidenden Senats eine leichtfertige Selbstgefährdung des Klägers vor, die eine Entschädigung unbillig erscheinen ließ. Denn der Kläger hätte erkennen können und müssen, dass sein Vorgehen zu einer Zuspitzung der Situation führe. Er habe sich damit grob fahrlässig selbst gefährdet, indem er zu einem körperlichen Angriff gegen den Täter übergangen sei und verkannt habe, damit die Situation weiter zu eskalieren.
Die Annahme eines Versagungsgrundes führe auch nicht zu einer Verkehrung von Täter und Opfer, sondern berücksichtige nur, dass das Verhalten des Klägers keine Veranlassung biete, ihn mit staatlichen Mitteln dafür zu entschädigen, dass der Staat seinen Schutzpflichten nicht habe nachkommen können. Die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes habe der Kläger vielmehr durch sein Verhalten vereitelt, da der Zeuge S. von seinem Vorhaben, die Polizei zu rufen, nur deshalb zunächst Abstand genommen habe, weil es durch das Verhalten des Klägers zu der Eskalation der Situation gekommen sei. Dass dem Kläger Ansprüche gegen den Täter zustehen können, stehe nicht in Frage, zumal dieser schon im Strafverfahren Schmerzensgeldansprüche anerkannt habe.
Hinweis: LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.9.2023, L 6 VG 1744/23
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