Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten. Vierpersonenhaushalt in Niedersachsen. Wohnflächengrenze. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. Heranziehung der Wohngeldtabelle und des bundesweiten Heizspiegels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die vom Jobcenter Heidekreis allein aus Zeitungsannoncen ohne weitere qualitative Unterscheidung der Mietdaten gesammelten Mietpreise und die daraus ermittelte Kappungsgrenze von 33 % stellen kein schlüssiges Konzept zur Festsetzung einer angemessenen Mietobergrenze iS des § 22 SGB 2 dar.

2. Beim Berechnungsportal Heikos 2.0 handelt es sich nicht um eine durch den örtlichen Grundsicherungsträger in seinem Zuständigkeitsbereich durchgeführte differenzierte Ermittlung von angemessenen Heizkosten.

 

Orientierungssatz

Die angemessene Wohnflächengrenze iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 für einen Vierpersonenhaushalt in Niedersachsen beträgt 85 qm.

 

Tenor

Das Urteil des SG Lüneburg vom 5. Juli 2011 wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten geändert und der Tenor klarstellend wie folgt neu gefasst:

Der Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2009 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 28. September 2011 zu ändern und den Klägern weitere Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1. März 2009 bis 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 33,98 € und für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis 31. August 2009 in Höhe von monatlich 33,50 € zu bewilligen.

Der Beklagte hat den Klägern ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung im Zeitraum vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009 im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die 1956 geborene Klägerin zu 1., der 1959 geborene Kläger zu 2., der 1990 geborene Kläger zu 3. und der 1988 geborene Kläger zu 4. bewohnen ein 90 qm großes Einfamilienhaus in J., K. Bei Erstantragstellung ab 1. Januar 2005 waren ausweislich des Mietvertrages 460,- € an Nettokaltmiete und 10,- € an Müllgebühren zu entrichten. Die Kläger bezogen Gas zu einem monatlichen Abschlag in Höhe von 120,00 € von den Stadtwerken J.

Nachdem die Kläger bereits mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 auf die nach Auffassung des Beklagten unangemessenen Unterkunftskosten hingewiesen wurden, enthielt der Bescheid vom 11. Mai 2005 folgenden Hinweis:

“Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ihre Miete den Höchstbetrag für vier Personen überschreitet. Die tatsächliche Miete kann nur für einen Übergangszeitraum bis zum 30.06.2005 anerkannt werden. Danach wird nur der Miethöchstbetrag für vier Personen berücksichtigt, der nach heutigem Stand 466,- € für Miete einschließlich der Betriebskosten und 78,20 € für Heizkosten beträgt.„

Entsprechend bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von KdU iHv 470,00 € und Heizkosten iHv 120,00 € abzüglich eines Warmwasseranteils iHv 24,20 € (95,80 €) für den Monat Juni 2005 und ab Juli 2005 in abgesenkter Höhe KdU iHv 466,00 € und Heizkosten iHv 78,20 €.

In den Folgejahren bewilligte der Beklagte den Klägern bis zum 28. Februar 2009 durchgehend Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von KdU iHv 466,00 € und Heizkosten iHv 80,00 €. Wegen der Einzelheiten der Leistungsbewilligungen wird auf die Bescheide vom 12. September 2005, 30. November 2005, 14. Februar 2006, 13. September 2006, 5. März 2007, 30. August 2007, 25. Februar 2008, 2. Mai 2008, 5. Mai 2008, 28. August 2008 und 12. Dezember 2008 Bezug genommen. Mit Änderungsbescheid vom 27. Januar 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 28. Februar 2009 weitere monatliche Heizkosten und zwar für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 31. August 2008 monatlich iHv 14,00 €, für die Monate September 2008 und Oktober 2008 iHv jeweils 10,00 € wegen eines Wegfalls des KdU-Anteils des Klägers zu 4. und für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Januar 2009 iHv jeweils14,00 €.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von KdU iHv 466,00 € und Heizkosten iHv 93,50 €.

Die Kläger reichten erstmals im Januar 2009 Abrechnungen der Stadtwerke J. für das Jahr 2008 für Erdgas- und Stromzahlungen sowie für Wasser- und Abwasserzahlungen vom 9. Januar 2009 ein. Hieraus ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 480,54 € auf die Strom- und Erdgasversorgung und iHv 142,87 € auf die Wasser- und Abwasserversorgung mit Zahlungsfrist zum 26. Januar 2009 sowie ein Gasabschlag ab dem 1. Februar 2009 bis zum 1. Dezember 2009 iHv monatlich 151,00 € und monatliche Abschläge für Wasser iHv 14,00 € und Abwasser iHv 29,00 € (43,00 € insgesamt). Aufgrund einer Vereinbarung mit den Stadtwerken J. ...

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