Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Dreipersonenhaushalt im Landkreis Göttingen. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzeptes. Wohnflächengrenze

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gutachten zur Ermittlung von angemessenen Unterkunftskosten (hier: Landkreis Göttingen) entspricht nicht den Anforderungen eines schlüssigen Konzeptes iS des § 22 SGB 2, wenn Bestandsmieten ohne vorherige Definition des Wohnungsstandards erhoben werden und die Mietobergrenze dann mit einem sog 33 % Quantil der erhobenen Daten festgesetzt wird.

 

Orientierungssatz

Die Wohnflächengrenze iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 für einen Dreipersonenhaushalt im Landkreis Göttingen beträgt 75 qm.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, § 19 S. 1, § 28 Abs. 1, § 40 Abs. 2 Nr. 1; WoGG § 12; BGB § 558 Abs. 2 S. 1, §§ 558c, 558d; SGB III § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; SGB X § 39 Abs. 2

 

Tenor

Das Urteil des SG Hildesheim vom 7. Januar 2013 wird unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten klarstellend wie folgt neu gefasst: Die Bescheide vom 19. Februar 2009 und vom 16. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2009 werden abgeändert und der Beklagte verpflichtet, den Klägern zu 1. bis 3. weitere Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 31. März 2009 in Höhe von monatlich 50,00 EUR zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern zu 1. bis 3. 50 % ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge und der Klägerin zu 4. keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nur noch für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2009. Die Kläger zu 1. bis 3. (im Folgenden nur: die Kläger) standen bei dem Beklagten im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II seit November 2006; ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt 2009 gehörte auch die Klägerin zu 4. zur Bedarfsgemeinschaft. Zuvor lebten die Kläger in J. Zuletzt bewilligte der dort zuständige Leistungsträger KdU in Höhe von 423,86 EUR (400,- Euro Grundmiete zzgl. 36,17 Heizkosten inkl. Warmwasser). Zum 1. November 2006 zogen die Kläger nach K. in eine 68,76 qm große Wohnung. Eine Zusicherung wurde nicht eingeholt. Für die neue Wohnung fielen KdU iHv 537,00 EUR (414,00 EUR Grundmiete, 92,00 EUR Betriebs- und Nebenkosten; 31,00 EUR Heizkosten) an. Kosten für die Warmwasserbereitung waren ausweislich der Mietbescheinigung des Vermieters nicht in den Heizkosten enthalten (Bl. 8 der Verwaltungsakte, VA). Der Beklagte bewilligte KdU zunächst nur in Höhe von 423,86 EUR entsprechend der Bewilligungsentscheidungen des vorherigen Leistungsträgers. Ausweislich einer Nebenkostenabrechnung des Vermieters erhöhte sich die Vorauszahlung der Betriebs- und Nebenkosten ab dem 1. Mai 2008 auf 106,00 EUR, die Vorauszahlung auf die Heizkosten betrug unverändert 31,00 EUR, sodass die KdU mit der Grundmiete 551,00 EUR insgesamt betrugen (Bl. 317 VA). Ab dem 1. April 2009 erhöhten sich die Heizkosten auf 39,00 EUR und die Nebenkosten auf 111,00 EUR, sodass die Gesamtmiete 564,00 EUR betrug (Bl. 509 VA). Nachdem der Beklagte mit Bescheiden vom 17. März 2008 und 2. Juli 2008 den Klägern für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2008 KdU wie zuvor in abgesenkter Höhe bewilligt hatte, bewilligte er erstmals mit Bescheid vom 19. August 2008 rückwirkend ab dem 1. Mai 2008 KdU in Höhe des von ihm für angemessen gehaltenen Wertes für die Bruttokaltmiete in Höhe von 470,- Euro zzgl. 31,- Euro Heizkosten (Bl. 258 ff. VA). Mit Bescheid vom 28. August 2008 und Änderungsbescheid vom 29. September 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern KdU für die Zeit vom 1. August 2008 bis zum 31. Oktober 2008 ebenfalls in Höhe von 501,- Euro (470,- Euro Grundmiete und 31,- Euro Heizkosten). Die Bewilligung erfolgte wegen Erwerbseinkommens des Klägers zu 1. vorläufig gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte für den Monat Oktober 2008 endgültige Leistungen unter Berücksichtigung von KdU iHv 501,00 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 8. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für die Zeit vom 1. November 2008 bis zum 30. April 2009 SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung von KdU iHv 501,00 EUR. Mit Bescheid vom 12. Februar 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. April 2009 SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung von KdU iHv 501,00 EUR. Mit weiteren Bescheiden vom 19. Februar 2009 und vom 16. März 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2009 endgültige SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung von KdU iHv 501,00 EUR. Mit S...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge