Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. Heranziehung der Wohngeldtabelle. Zusammenleben eines Elternteils mit einem unter 25jährigen Kind mit bedarfsdeckendem eigenen Einkommen. Berücksichtigung eines Zweipersonen- statt Einpersonenhaushalts

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Zusammenleben von Eltern mit unter 25jährigen, unverheirateten Kindern in einem Haushalt ist bei der Angemessenheitsprüfung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II auch dann auf diese Personenmehrheit abzustellen, wenn die Kinder ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen sicherstellen können.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 4, § 9 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 2 Sätze 1, 2 Nr. 1, § 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 7 Nrn. 1-2; WoGG § 12; BGB § 1626 Abs. 1; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, §§ 95, 96 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen B 14 AS 14/17 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die am 4. Oktober 1965 geborene Klägerin bewohnte im Jahr 2012 gemeinsam mit ihrer Tochter, J., geboren am 26. Dezember 1996, eine 80 m² große 3-Zimmer-Wohnung in der ...-straße 6a in 27... B.. Die zu zahlende Bruttowarmmiete i.H.v. insgesamt 505,00 € setzte sich aus 350,00 € Grundmiete zzgl. 80,00 € Nebenkostenvorauszahlung und 75,00 € Heizkostenvorauszahlung zusammen.

Mit Bescheid vom 22. März 2012 bewilligte die für den Beklagten handelnde Samtgemeinde K. der Klägerin Arbeitslosengeld II für die Monate Mai bis September 2012. Ihrer Tochter bewilligte sie keine Leistungen, da diese ihren Bedarf mit Kindergeld (184,00 €), Unterhaltszahlungen (362,00 €) und Wohngeld (102,00 €) decken konnte. Das den Bedarf der Tochter übersteigende Einkommen i.H.v. 136,16 € (April 2012) und je 95,88 € (Mai bis September 2012) rechnete der Beklagte auf den Bedarf der Klägerin an. Der Bedarfsberechnung legte er anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.v. 462,20 € monatlich zugrunde, wobei der Beklagte im April 2012 ein Guthaben aus der Heizkostenabrechnung der EWE i.H.v. 80,55 € von den Bedarfen für Unterkunft und Heizung abzog.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 2. April 2012 Widerspruch ein. Zu dessen Begründung führte sie an, dass die Heizkostenerstattung der EWE i.H.v. 80,55 € rechtswidriger Weise vollständig bei der Klägerin angerechnet worden sei. Tatsächlich hätte nur die Hälfte bei ihr berücksichtigt werden dürfen, weil die andere Hälfte der Heizkosten auf die Tochter entfalle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass das Heizkostenguthaben jeweils hälftig bei der Klägerin und ihrer Tochter korrekt berücksichtigt worden sei. Der Ausgangsbescheid sei daher nicht zu beanstanden.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2012 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung vom 22. März 2012 ab dem 1. Juni 2012 dahingehend ab, dass nunmehr nur noch 334,00 € monatlich an Unterhalt bei der Tochter der Klägerin angerechnet und lediglich ein überschießendes Einkommen i.H.v. 67,88 € monatlich auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen war.

Am 18. Juni 2012 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid Klage bei dem Sozialgericht (SG) Stade erhoben. Ihrer Auffassung nach sei zwar seitens der Samtgemeinde Hambergen zutreffend berücksichtigt worden, dass die Tochter der Klägerin mit dieser keine Bedarfsgemeinschaft bilde, da sie ihren Bedarf aus eigenen Mitteln bestreiten könne. Allerdings habe sie dies bei der Berücksichtigung der Unterkunftskosten nicht konsequent umgesetzt. Nach Auffassung der Klägerin sei bei der Bemessung der Unterkunftskosten von einem Ein-Personen-Haushalt auszugehen. Mangels schlüssigen Konzeptes zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten seien die Werte von § 12 WoGG zzgl. eines Sicherheitszuschlages von 10 Prozent in Ansatz zu bringen. Die Samtgemeinde K. liege in der Mietstufe I. Für die Klägerin allein sei danach eine Bruttokaltmiete i.H.v. 321,20 € zu gewähren. Der Beklagte übernehme jedoch lediglich einen Betrag i.H.v. 193,60 €. Des Weiteren sei auch die Kindergeldanrechnung nicht korrekt. Die auf die Tochter entfallende Kaltmiete betrage nicht wie von dem Beklagten berechnet 153,60 € sondern 175,00 €, so dass diese einen um 21,40 € höheren Bedarf habe. In dieser Höhe hätte das Kindergeld nach der Berechnung der Samtgemeinde nicht als Einkommen der Klägerin Berücksichtigung finden dürfen.

Mit Urteil vom 24. Juni 2016, welches im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG die Klage abgewiesen. In dem Urteil hat es ausgeführt, dass der Beklagte zu Recht im Falle der Klägerin die angemessenen Bedarfe für Unterkunft nach § 12 WoGG unter Zugrundelegung eine...

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