Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufrechnung in Höhe von 30 % des Regelbedarfs mit einer Erstattungsforderung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Es bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf eine Aufrechnung gem § 43 SGB 2 in Höhe von 30 % des für den Leistungsberechtigten maßgeblichen Regelbedarfs mit einer Erstattungsforderung des Grundsicherungsträgers (vgl LSG Essen vom 13.9.2013 - L 19 AS 662/13).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufrechnung seiner laufenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit einer gegen ihn bestehenden Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 8.352,03 €.
Der 1961 geborene Kläger steht bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin (nachfolgend einheitlich als Beklagter bezeichnet) im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Er ist aufgrund von zwei bestandskräftigen, wegen vorsätzlich nicht mitgeteilten Einkommens erteilten Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 21. August 2007 und vom 10. Dezember 2007 zur Erstattung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 8.352,03 € für den Zeitraum vom 19. Januar 2005 bis 30. September 2007 verpflichtet. Nach Abschluss der in dieser Sache geführten Klageverfahren (Urteile des Sozialgerichts - SG - Osnabrück vom 10. April 2012) hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. Juli 2012 zu einer Aufrechnung nach § 43 SGB II an und erteilte - nachdem eine Äußerung des Klägers nicht eingegangen war - den angefochtenen Bescheid vom 20. November 2012, mit dem er die Aufrechnung der laufenden Leistungen ab dem 1. Dezember 2012 in Höhe von 112,20 € (30% des damaligen Regelbedarfs für Alleinstehende in Höhe von 374,00 €) mit der Erstattungsforderung in Höhe von 8.352,03 € erklärte. Zur Begründung seiner Ermessensentscheidung führte er aus, dass das Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler, bestehende Forderungen vollständig und zeitnah zu erheben, von Belang sei. Der Kläger habe auf das Anhörungsschreiben nicht reagiert und mithin keine Umstände dargelegt, welche zu seinen Gunsten hätten berücksichtigt werden können. Wirtschaftliche oder persönliche Umstände, die einer Aufrechnung entgegenstehen könnten, lägen nach gründlicher Prüfung des Leistungsfalls nicht vor.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Dezember 2012 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, dass bei der Ermessensentscheidung, den “maximalen Satz von 30 %„ für die Aufrechnung in Ansatz zu bringen, unberücksichtigt geblieben sei, dass er - der Kläger - laufende Leistungen nach dem SGB II erhalte. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2012 als unbegründet zurück. Der Kläger habe auch im Widerspruchsverfahren keine Gründe aufgezeigt, die eine Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen als unzumutbar erscheinen ließen. Besondere Gründe für einen Verzicht auf eine Aufrechnung seien auch vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht Osnabrück nicht ersichtlich. Bei einem Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X, der - wie hier - auf § 45 Abs. 2 SGB X beruhe, betrage die Aufrechnungsrate 30% der maßgeblichen Regelleistung, mithin derzeit 112,20 € monatlich. Mit dem angefochtenen Bescheid sei diese Aufrechnungsrate erklärt worden. Hinsichtlich der Höhe der Aufrechnung räume § 43 SGB II dem Grundsicherungsträger kein Ermessen ein. Die sofortige Vollziehbarkeit werde angeordnet, da das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das Privatinteresse des Klägers überwiege. Das öffentliche Interesse ergebe sich aus der Tatsache, dass der Kläger das H. und damit auch die Allgemeinheit, die die Leistungen zum Lebensunterhalt aus Steuermitteln finanziere, in der Zeit vom 19. Januar 2005 bis 30. September 2007 betrogen habe und hierfür auch rechtskräftig vom Amtsgericht strafrechtlich verurteilt worden sei. Den entstandenen Schaden habe der Kläger bislang nicht durch eigene Bemühungen wieder gutgemacht. Vor diesem Hintergrund sei es der Allgemeinheit nicht länger zuzumuten, dass die nunmehr seit fünf Jahren hinausgezögerte Rückzahlung durch die aufschiebende Wirkung einer neuerlichen Klage (nunmehr gegen den Aufrechnungsbescheid) weiterhin aufgeschoben werde. Schließlich erteilte der Beklagte einen Änderungsbescheid vom 3. Januar 2013, mit dem er die monatliche Aufrechnungsrate mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 im Hinblick auf eine zwischenzeitlich erfolgte gesetzliche Erhöhung des Regelbedarfs auf monatlich 114,60 € erhöhte.
Der Kläger hat am 22. Januar 2013 Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, dass er ein “schutzwürdiges Interesse„ daran habe, nach nunmehr fast fünf Jahren nicht mehr mit der Rückforderung konfrontiert zu werden. Im Übrigen sei die in §...