Entscheidungsstichwort (Thema)
Weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Zur rentenrechtlichen Besserbewertung von Kindererziehungszeiten für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder und zur Auslegung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua = BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am 00. Oktober 1951 geborene Klägerin begehrt eine weitergehende Berücksichtigung von rentenrechtlichen Kinderziehungszeiten für die Erziehung ihrer beiden Kinder, und zwar für den am 00. November 1971 geborenen Sohn H. und für den am 00. Mai 1974 geborenen Sohn I.
Mit Vormerkungsbescheid vom 25. September 2012 stellte die Beklagte die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegenden Daten im Versicherungsverlauf der Klägerin verbindlich fest. Dabei berücksichtigte sie zu ihren Gunsten in Anwendung des § 249 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 56 SGB VI Kinderziehungszeiten jeweils vom 1. Dezember 1971 bis zum 30. November 1972 und vom 1. Juni 1974 bis zum 31. Mai 1975.
Den nachfolgenden Antrag der Klägerin auf eine weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in dem (für Geburten ab Januar 1992) in § 56 SGB VI vorgesehenen dreijährigen Umfang lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 unter Hinweis auf die gesetzliche Vorgaben in § 249 SGB VI ab.
Die dagegen am 15. Februar 2013 erhobene Klage hat das Sozialgericht Hannover mit Gerichtsbescheid vom 1. August, 2013, der Klägerin zugestellt am 5. August 2013, abgewiesen. Nach der gesetzlichen Vorgabe des § 249 Abs. 1 SGB VI ende die Kinderziehungszeit bei vor 1992 geborenen Kindern zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes.
Mit der am 5. September 2013 eingelegten Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, dass die unterschiedliche Bemessung der Kindererziehungszeiten in Abhängigkeit von dem Geburtsdatum des Kindes gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben verstoße, Sie beantragt ausgehend von den für ab 1992 geborene Kinder maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben des § 56 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB VI sinngemäß,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 1. August 2013 und 2. den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013 aufzuheben und 3. die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Vormerkungsbescheides vom 25. September 2012 Kinderziehungszeiten zu ihren Gunsten auch für die Zeiträume vom 1. Dezember 1972 bis zum 31. Mai 1974 und vom 1. Juni 1975 bis zum 30. November 1977 vorzumerken.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der, Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Über die zulässige Berufung entscheidet der Senat mit dem von beiden Beteiligten erklärten Einverständnis (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 26. September 2013 und Schriftsatz der Beklagten vom 23. September 2013) ohne mündliche Verhandlung.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung weiterer als der bereits im Bescheid vom 25. September 2012 erfassten Kindererziehungszeiten (vgl. zum Folgenden auch bereits Senatsurteil vom 25. Juli 2007 - L 2 R 241/07 - Juhs).
Für ihre 1971 und 1974 geborenen beiden Söhne hat die Beklagte bereits im Vormerkungsbescheid vom 25. September 2012 zugunsten der Klägerin entsprechend der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 1 SGB VI jeweils eine zwölfmonatige Erziehungszeit als Beitragszeit berücksichtigt.
Für eine weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Zwar sieht § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VI inzwischen im Grundsatz die rentenrechtliche Berücksichtigung einer dreijährigen Erziehungszeit vor; der Zusammenhang mit der Regelung des § 249 Abs. 1 SGB VI macht aber deutlich, dass eine dreijährige Kindererziehungszeit nur bei solchen Kindern anzurechnen ist, die erst in den Jahren ab 1992 geboren worden sind.
Die Verfassung verleiht den betroffenen Müttern von vor dem 1. Januar 1992 geborenen Kindern und damit auch der Klägerin keinen aktuell durchsetzbaren Anspruch auf die Berücksichtigung einer mehr als zwölfmonatigen Erziehungszeit. Dementsprechend sieht der Senat auch keinen Anlass, eine Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zur geltend gemachten Verfassungswidrigkeit des § 249 Abs. 1 SGB VI einzuholen.
Allerdings ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Berücksichtigung einer jeweils nur zwölfmonat...