Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Geschäftsführer einer GmbH als Familienbetrieb. maßgeblicher rechtlicher oder tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung
Orientierungssatz
1. Ein Gesellschafter einer GmbH kann zu dieser gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Demgegenüber schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ein Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter damit Einzelanweisungen verhindern kann (vgl BSG vom 17.5.2001 - B 12 KR 34/00 R = SozR 3-2400 § 7 Nr 17).
2. Bei Personen, die bei einer Gesellschaft weder Geschäftsführer mit eigenen Geschäftsanteilen noch Gesellschafter sind, ist grundsätzlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Auch bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG regelmäßig eine abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die die Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (vgl BSG vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R = SozR 3-2400 § 7 Nr 20 und vom 6.3.2003 - B 11 AL 25/02 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Dies soll selbst dann gelten, wenn der Geschäftsführer seine Tätigkeit frei von Weisungen hinsichtlich der Gestaltung und zeitlichen Durchführung seiner Arbeit ausübt, da dies grundsätzlich auch für Leitende Angestellte zutreffe.
3. Jedoch kann in seltenen Ausnahmefällen aufgrund besonderer Umstände das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen sein. Zu solchen besonderen Umständen können die Abbedingung des Selbstkontrahierungsverbotes nach § 181 BGB, die alleinige Branchenkenntnis des Geschäftsführers oder das Bestehen einer Familien-GmbH mit besonderer Bindung an die Gesellschafter gehören. Voraussetzung ist daher, dass der Geschäftsführer das Geschäft aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen nach eigenem Gutdünken führen kann, die Ordnung des Betriebes selbst prägt und deshalb faktisch wie ein Alleininhaber "frei schalten und walten kann", ohne dass der Gesellschafter das verhindert hätte oder wenn der/die Gesellschafter von dem ihm/ihnen zustehenden Direktionsrecht gegenüber dem Geschäftsführer tatsächlich in keiner Weise Gebrauch macht/machen (vgl BSG vom 18.12.2001 - aaO, LSG Celle-Bremen vom 26.8.2009 - L 1 KR 52/09 und vom 22.9.2010 - L 1 KR 41/09). Eine rechtlich bestehende Abhängigkeit kann durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheidet. Entscheidend kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers in der Zeit vom 1. Februar 2003 bis 31. Dezember 2005.
Der 1975 geborene Kläger hat Gartenbau studiert und bereits während seines Studiums für die Beigeladene zu 1), die Firma Baumschulpflanzen-Handels GmbH & Co. KG, gearbeitet. Gegenstand des Unternehmens ist nach § 1 Abs. 3 des 1984 geschlossenen Gesellschaftsvertrages der Handel mit Baumschulerzeugnissen, die im Wesentlichen in der vom Vater des Klägers betriebenen Baumschule, dem Einzelunternehmen K., produziert werden. Der Baumschulenbetrieb und die Vertriebsgesellschaft sind juristisch getrennt. Für die Baumschule sind ca. 100 Beschäftigte tätig, für die Vertriebsgesellschaft 9 Beschäftigte. Die KG ist dem Einzelunternehmen Baumschule L. M. vorgeschaltet, um Haftungsrisiken aus dem Handel der KG nicht auf die Baumschule durchschlagen zu lassen. Sämtliche Pflanzen des Einzelunternehmens werden an die KG verkauft, die diese weiter an Gartenzentren verkauft. Das Einzelunternehmen N. M. ist ein Hof iS der Höfeordnung. Der Kläger ist der einzige Hoferbe. Er führt auch die Geschäfte der Baumschule und hat deren Bewirtschaftung übernommen.
Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der Beigeladenen zu 1) war seinerzeit die O. Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, die am 9. November 1984 von den Eltern des Klägers, Herrn O. und Frau P. M. gegründet worden waren. Kommanditisten waren Q. R. (Einlage: 15.000,-- DM) und die Mutter des Klägers (Einlage: 10.000,-- DM).
Am 27. Januar 2003 schlossen S. und T. mit dem Kläger einen "Anstellungsvertrag", wonach der Kläger mit Vertragsbeginn neben dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer S. zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt wird. Der Vertrag lautet im Einzelnen:
§ 1 Geschäftsführung und Vertretung
1) Herr S. H. wird mit Vertragsbeginn neben dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer P. U. zum weiteren Geschäftsführer (nachfolgend kurz...