Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Studenten. Versicherungspflicht bei Aufenthalt im Ausland. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Regelung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB 5 zur Versicherungspflicht von Studenten auch bei einem Aufenthalt im Ausland ist nicht verfassungswidrig (vgl BSG vom 23.6.1994 - 12 RK 25/94 = SozR 3-2500 § 243 Nr 3).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass während ihres Aufenthaltes in Kanada in der Zeit von August 2002 bis August 2003 keine Krankenversicherungspflicht bestanden hat.
Die 1979 geborene Klägerin war Studentin an der Universität F. Ab August 2002 hielt sie sich studienbedingt in Kanada auf. Dabei behielt sie die Immatrikulation an der Universität in F aufrecht. Mit Bescheid vom 21. August 2002 teilte die Beklagte mit, dass weiterhin Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bestehe. Für die Beitragspflicht eines an einer deutschen Universität eingeschriebenen Studenten komme es auf dessen tatsächlichen Aufenthalt nicht an. Die Beitragspflicht sei unabhängig davon zu betrachten, dass während des Aufenthaltes in Kanada durch die Klägerin keine Leistungen in Deutschland in Anspruch genommen werden könnten. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. November 2002).
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, die am 20. Dezember 2002 beim Sozialgericht (SG) Lüneburg eingegangen ist. Sie macht geltend, dass § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V verfassungswidrig sei, weil Krankenversicherungsbeiträge gezahlt werden müssten, obwohl diesen Beiträgen keine Leistungen gegenüberstünden.
Mit Urteil vom 25. März 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V sei nicht verfassungswidrig. Es hat sich auf die Entscheidungsgründe des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Juni 1994, Az: 12 KR 25/94 (in SozR 3-2500 § 243 Nr 3) berufen. Die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil sei vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen worden (vgl BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschluss vom 29. September 1994, Az: 1 BvR 1555/94). Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass im Bereich der Krankenversicherung die Äquivalenz von Beitrag und Leistung gegenüber dem Grundsatz des sozialen Ausgleichs zurücktrete. Der Gesetzgeber sei, wie im Bereich des Sozialrechts allgemein, berechtigt, pauschalierende Regelungen zu treffen. Diese könnten naturgemäß nicht jeden einzelnen Fall einer besonderen Lebensgestaltung berücksichtigen. Die Klägerin habe jederzeit die Möglichkeit, aus dem Ausland zurückzukehren und dann ohne weiteres einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Inland geltend zu machen. Dies gelte selbst für Krankheiten, die sie sich im Ausland zugezogen habe. Durch den Aufenthalt der Klägerin im Ausland sei daher das leistungsrechtliche Verhältnis zur Beklagten nicht vollständig erloschen, sondern ruhe. Dieser Grundsatz gelte in verschiedenen Bereichen, so auch bei Seeleuten. Im Übrigen könne die Klägerin durch die Exmatrikulation an der Universität F ihre Versicherungspflicht für die Dauer ihres Aufenthaltes in Kanada jederzeit beenden. Darüber hinaus sei die wirtschaftliche Bedeutung für die Klägerin, worauf ihr Prozessbevollmächtigter selbst hingewiesen habe, vergleichsweise gering, so dass auch insofern eine verfassungswidrige Benachteiligung der Klägerin durch eine unzumutbare finanzielle Belastung nicht vorliege.
Gegen das der Klägerin am 26. April 2004 zugestellte Urteil hat diese Berufung eingelegt, die am 19. Mai 2004 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist. Die Klägerin hält § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V nach wie vor für verfassungswidrig. Sie habe die Immatrikulation an der Universität F aufrechterhalten, damit sie nach Rückkehr aus Kanada dort einen Studienplatz gehabt habe. Dies sei ihr so geraten worden.
Die Klägerin beantragt,
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1. |
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das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 25. März 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. August 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2002 aufzuheben, |
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2. |
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festzustellen, dass während ihres Aufenthalts in Kanada von August 2002 bis August 2003 keine Krankenversicherungspflicht bei der Beklagten bestanden hat. |
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des SG Lüneburg vom 25. März 2004 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten sind zutreffend. Die Klägerin ist während ihres Aufenthaltes in Kanada, solange sie an der Universität F immatrikuliert ist, gemäß § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V ve...