Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassen≪zahn≫ärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Verfassungsmäßigkeit der Verwendung des größten Teils des Gesamtvergütungsvolumens für Honorierung zu vollen Punktwerten. Zulässigkeit generalisierender Regelungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Honorarverteilungsmaßstab, nach dem der größte Teil des Gesamtvergütungsvolumens zu vollen Punktwerten vergütet wird, so dass für die restlichen Leistungen lediglich geringe Punktwerte verbleiben, steht mit höherrangigem Recht in Einklang (Anschluss an BSG vom 8.2.2006 - B 6 KA 25/05 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 23).

2. In welcher Weise die notwendige Berücksichtigung von Degressionsabzügen bei budgetbedingten Honorarkürzungen umgesetzt wird, kann die Kassenzahnärztliche Vereinigung durch generalisierende Regelungen in ihrem Honorarverteilungsmaßstab bestimmen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.06.2014; Aktenzeichen B 10 ÜG 1/14 B)

BSG (Beschluss vom 27.06.2013; Aktenzeichen B 10 ÜG 9/13 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Seine Klage gegen den Bescheid vom 06. April 2006 wird abgewiesen.

Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist als Zahnarzt niedergelassen und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Umstritten ist die Höhe des von der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) ihm gegenüber festgesetzten Honoraranspruchs für das Jahr 1999.

Für dieses Jahr hatte die Vertreterversammlung der Beklagten - am 06. März 1998, am 27./28. November 1998 und am 19. Februar 1999 - einen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) beschlossen, der für konservierend/chirurgische, Kieferbruch- und Parodontopathie- (im folgenden kurz: KCH-) Leistungen, für kieferorthopädische (KFO-) Leistungen und für Zahnersatz-Leistungen eine Honorarverteilung nach Budgets vorsah, die für jeden Vertragszahnarzt gleich hoch waren (für KCH- und anteilige KFO-Leistungen ein Sockelbetrag von 239.000,00 DM, für Zahnersatz-Leistungen ein solcher von 72.000,00 DM). Bis zu dieser Grenze sollten die Leistungen jedes Vertragszahnarztes nach Einzelleistungspunktwerten vergütet werden. Darüber hinaus erbrachte Leistungen sollten in der Weise honoriert werden, dass die noch nicht verteilte Gesamtvergütung ins Verhältnis zu der Anzahl der den Sockelbetrag überschreitenden Zahnärzte gesetzt werden sollte; innerhalb der durch diesen Quotienten definierten Grenze (erhöhter Sockelbetrag) erfolgte wiederum eine Vergütung nach Einzelleistungspunktwerten. Dieser Verteilungsvorgang sollte solange wiederholt werden, bis der verbleibende Rest 3 % oder weniger der Gesamthonorare betrug; die Vergütung der diesen Rahmen überschreitenden Leistungen wurde auf eine Quote beschränkt.

Die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen und das Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit (im Folgenden: Sozialministerium) als Aufsichtsbehörde vertraten die Auffassung, dieser HVM missachte das Gebot einer gleichmäßigen Verteilung der Gesamtvergütung über das ganze Jahr. Auf Initiative der Aufsichtsbehörde beschloss das Landesschiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung am 31. März 1999 einen HVM 1999 für die Beklagte, der eine Honorarverteilung unter Heranziehung so genannter floatender Punktwerte vorsah. Die Beklagte bestätigte demgegenüber mit Beschluss vom 17. April 1999 den von ihrer Vertreterversammlung beschlossen HVM. Diesen wandte sie auch bei der Verteilung der Gesamtvergütung für 1999 an ihre Mitglieder an, entgegen einer Aufsichtsanordnung des Sozialministeriums vom 30. August 1999.

Auf der Grundlage ihres HVM erließ die Beklagte den “vorläufigen Jahreshonorarbescheid für 1999„ vom 05. April 2000. Dieser wies für den Kläger Abrechnungsergebnisse in Höhe von insgesamt 721.628,35 DM aus. Nach Anwendung der genannten Budgetvorschriften wurde demgegenüber ein Honoraranspruch in Höhe von lediglich 515.581,40 DM festgesetzt. Außerdem erhob die Beklagte Verwaltungskosten in Höhe von 8.298,72 DM.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schriftsatz vom 18. April 2000 Widerspruch ein, den er nicht begründete. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09. April 2001 zurück.

Bereits vorher hatte die Beklagte mit “Bescheid nach erfolgter Endabrechnung zur Gesamtvergütung über die vorläufige Degressionsberechnung 1999„ vom 29. März 2000 festgestellt, dass der Kläger in allen Bereichen der KCH-Leistungen und im Bereich der Prothetik insgesamt 420.232 Punkte und damit eine zu degressierende Punktmenge von 70.232 aufweise. Der daraus resultierende Degressionsbetrag von 13.567,60 DM wurde vom Honorarkonto des Klägers in Abzug gebracht. Der Kläger hat gegen die Degressionsfestsetzung Klage vor dem Sozialgericht Hannover (SG) erhoben. Dieser Rechtsstreit ist Gegenstand des Berufungsverfahrens L 3 KA 472/03, in dem der Senat die Berufung mit Urteil vom heutigen Tage zurückgewiesen hat.

Bezüglich des ...

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