Entscheidungsstichwort (Thema)
Säumniszuschläge auf rückständige Winterbauumlage im Insolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bundesanstalt für Arbeit ist berechtigt, von ihr als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldete Säumniszuschläge im Bestreitensfall durch Feststellungsklage vor dem Sozialgericht geltend zu machen. Der im allgemeinen gültige Grundsatz, dass der Behörde ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungs- bzw Feststellungsklage fehlt, wenn sie das mit der Klage verfolgte Ziel durch Erlass eines Verwaltungsaktes erreichen kann, muss jedenfalls dann zurücktreten, wenn ohnehin mit der gerichtlichen Austragung des Rechtsstreits zu rechnen ist.
2. Die Erhebung von Säumniszuschlägen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist auch unter der Geltung der InsO gerechtfertigt (wie hier zur Konkursordnung: BSG SozR 3-2400 § 24 Nr 4). An der Funktion der Säumniszuschläge als gesetzlich standardisiertem Mindestschadensausgleich hat sich nichts geändert.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 19. Juni 2002 wird aufgehoben.
Die von der Klägerin zusätzlich zu der bereits zur Insolvenztabelle anerkannten Insolvenzforderung aus rückständiger Winterbau-Umlage in Höhe von 1.180,29 DM ab 16. August 1999 geltend gemachten monatlichen Säumniszuschläge in Höhe von 1 vH aus 1.100,00 DM werden zur Insolvenztabelle festgestellt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die insolvenzrechtliche Einordnung von monatlich anfallenden Säumniszuschlägen auf eine rückständige Winterbau-Umlageforderung der Klägerin für Zeiten nach der Insolvenzeröffnung.
Durch Beschluss des Amtsgerichts G. vom 10. August 1999 (Aktenzeichen: H.) wurde über das Vermögen der Firma I. GmbH, G., das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 1. Oktober 1999 meldete die Klägerin beim Beklagten gemäß § 174 Insolvenzordnung (InsO) die Forderung gegen die Fa. I. GmbH als Arbeitgeberin des Baugewerbes auf Zahlung der Winterbau-Umlage gemäß §§ 354ff Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Zeit ab Januar 1998 nebst Säumniszuschlägen gemäß § 24 Sozialgesetzbuch -- Gemeinsame Vorschriften - (SGB IV) in Höhe von 1 vH der Grundforderung - jeweils am 16. jeden Monats fällig - für die Dauer des Insolvenzverfahrens, erstmalig am 16. August 1999, an.
Ausweislich des Auszugs aus der Insolvenztabelle - Abteilung I -, laufende Nummer 26, Stand: 17. Mai 2000, wurde die rückständige Winterbau-Umlage-Forderung der Klägerin in Höhe von 1.180,29 DM festgestellt. Die Säumniszuschläge von 1 vH auf 1.100,00 DM ab dem 16. August 1999 wurden vom Beklagten bestritten, weil diese nach Insolvenzeröffnung entstanden und somit als nachrangige Insolvenzforderungen anzusehen seien.
Mit der am 5. September 2001 beim Sozialgericht (SG) Lüneburg eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Feststellung zur Insolvenztabelle der monatlichen Säumniszuschläge ab dem 16. August 1999 als rechtmäßige Forderung nach § 38 InsO. Sie berief sich auf entsprechende Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) zu den im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften der Konkursordnung (KO).
Demgegenüber vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Säumniszuschläge nichts anderes als öffentlich-rechtliche Verzugszinsen auf Forderungen darstellten, die insoweit den in § 39 Abs 1 Nr 1 InsO aufgeführten Zinsansprüchen gleichzusetzen seien. Es bestehe kein Grund, die Forderungen von Gläubigern des öffentlichen Rechts zu bevorzugen, zumal das Insolvenzrecht im stärkeren Maße als das frühere Konkursrecht den Grundsatz der prinzipiellen Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger statuiere.
Das SG hat mit Urteil vom 19. Juni 2002 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass Säumniszuschläge ab dem 16. August 1999 zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht entstanden und folglich nicht als bevorrechtigte Insolvenzforderung anzusehen seien.
Gegen das am 3. Juli 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Juli 2002 Berufung eingelegt.
Die Klägerin wiederholt den Hinweis auf die frühere BSG-Rechtsprechung, nach der Säumniszuschläge mit Zinsen nicht vergleichbar seien. Daran habe die InsO nichts geändert.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 19. Juni 2002 aufzuheben,
2. die von der Klägerin zu ihrer gemäß § 174 Insolvenzordnung angemeldeten und bereits anerkannten Insolvenzforderung aus rückständiger Winterbau-Umlage angemeldeten monatlichen Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs 1 SGB IV in Höhe von 1 vH aus 1.100,00 DM, beginnend ab dem 16. August 1999, als rechtmäßige Forderungen nach § 38 Insolvenzordnung zur Insolvenztabelle festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und trägt vor, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Sä...