Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Zivildienst. Versicherungspflichtverhältnis unmittelbar vor Dienstantritt. Monatsfrist
Orientierungssatz
Von einer Beschäftigung "unmittelbar vor Dienstantritt" iS von § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst a SGB 3 kann nur dann ausgegangen werden, wenn zwischen der letzten Beschäftigung und dem Dienstantritt kein Zeitraum von mehr als vier Wochen bzw höchstens einem Monat liegt (vgl BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 74/05 R = SozR 4-4300 § 26 Nr 4, LSG Chemnitz vom 23.1.2003 - L 3 AL 169/ 02 und LSG Essen vom 13.2.1986 - L 9 Ar 124/85 = Die Beiträge 1986, 188). Es kann im Hinblick auf die bereits weite Auslegung des Begriffs der Unmittelbarkeit nicht im Einzelfall darauf ankommen, ob der Dienstantritt eines Zivildienstleistenden aus zufälligen und nicht in der Person liegenden Gründen erst nach mehr als einem Monat stattgefunden hat. Vielmehr ist der Fristablauf nach objektiven Gegebenheiten zu bestimmen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 13. April 2004 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob unter Einbeziehung einer Zivildienstzeit die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) erfüllt ist.
Der ... 1981 geborene Kläger, der im Mai 2001 das Abitur ablegte, übte - neben weiteren kurzfristigen bzw. geringfügigen Tätigkeiten - beitragspflichtige Beschäftigungen in den Zeiträumen vom 1. - 30. April 2000, 1. Juli - 31. August 2000 und 1. - 31. Juli 2001 aus; bei den Tätigkeiten im Jahre 2000 handelte es sich um gewerbliche Arbeit bei der Firma M mit 20 Stunden pro Woche, im Jahre 2001 war der Kläger als Lageraushilfe bei einer Spedition tätig. Nach einer Bescheinigung des Bundesamts für den Zivildienst vom 22. Mai 2002 leistete der Kläger in der Zeit vom 3. September 2001 - 30. Juni 2002 Zivildienst. Zum Wintersemester 2002/03 immatrikulierte sich der Kläger an der Universität L.
Am 3. Juli 2002 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos. Seinen Antrag auf Alg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 2002 mit der Begründung ab, die Anwartschaftszeit als eine der Voraussetzungen für den Bezug von Alg sei nicht erfüllt. Der Wehrdienst (gemeint: Zivildienst) sei nicht versicherungspflichtig gewesen, da der Kläger nicht unmittelbar vor Dienstantritt arbeitslos gemeldet gewesen sei oder in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren habe er nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Bei der Arbeit für die Firma H habe es sich ab 1. August 2001 um eine versicherungsfreie Beschäftigung gehandelt.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe vor seinem Zivildienst drei Monate lang eine versicherungspflichtige Arbeit ausgeübt, hieraus ergebe sich ein Anspruch auf Alg.
Den Widerspruch wies die Beklagte, nachdem sie dem Kläger eine Kopie der letzten Arbeitsbescheinigung übersandt hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2003 zurück. Zur Begründung gab sie an, der Kläger sei nicht unmittelbar vor Beginn des Zivildienstes als Arbeitnehmer versicherungspflichtig tätig gewesen und habe auch keine Entgeltersatzleistung (z. B. Alg) bezogen. Ein unmittelbarer Anschluss des Zivildienstes an das letzte versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis sei nicht mehr gegeben, da zwischen den betreffenden Zeiträumen mehr als ein Monat liege.
Der Kläger hat am 19. Februar 2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Er hat vorgetragen, der zeitliche Rahmen von einem Monat sei nur dadurch überschritten worden, dass der Zivildienst nicht am Samstag, den 1. September 2001, sondern erst am Montag, den 3. September 2001 begonnen habe. An dieser Zufälligkeit könne der Begriff der Unmittelbarkeit nicht scheitern.
Die Beklagte hat zur Erwiderung u. a. ausgeführt, der Zivildienst des Klägers sei nicht beitragspflichtig gewesen, da der Kläger innerhalb der letzten vier Monate vor Dienstantritt eine allgemeinbildende Schule besucht und dort eine Ausbildung beendet habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. April 2004 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg ab 4. Juli 2002 zu zahlen.
Gegen diesen ihr am 21. April 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 13. Mai 2004 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der Begriff "unmittelbar vor Dienstantritt" sei zwar entsprechend dem Schutzgedanken der Bestimmung weit auszulegen. Unmittelbarkeit liege aber nicht mehr vor, wenn zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Dienstantritt ein Zeitraum von mehr als einem Monat liege. Im Übrigen sei der Zivildienst als solcher auch nicht versicherungspflichtig gewesen.
Die Beklagte bean...