Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Ausschluss für dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB 2. Leistungsablehnung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit

 

Orientierungssatz

1. Im Hinblick auf die notwendige Systemabgrenzung zwischen dem SGB 2 und dem SGB 12 ist allein maßgeblich, ob ein Anspruch nach dem SGB 2 dem Grunde nach bestanden hat, nicht aber, ob Leistungen nach dem SGB 2 tatsächlich bewilligt oder gezahlt worden sind.

2. Unerheblich ist, dass das Jobcenter vorliegend einen Leistungsanspruch nach dem SGB 2 für den streitgegenständlichen Zeitraum wegen Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit abgelehnt hat.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.03.2022; Aktenzeichen B 8 SO 1/22 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 15. August 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt insbesondere die Übernahme von Beiträgen einschließlich Mahngebühren und Säumniszuschlägen für seine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei der hkk Erste Gesundheit (nachfolgend: hkk) in Höhe von 1.107,07 € (resultierend aus der Zeit vom 1.6. bis Dezember 2013) sowie existenzsichernde Leistungen ab Juni 2013.

Der 1960 geborene Kläger ist erwerbsfähig und bezog bis zum 31.5.2013 Leistungen nach dem SGB II. Das seinerzeit zuständige Jobcenter Osnabrück lehnte Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Juni 2013 ab, weil der Kläger über bedarfsdeckendes Vermögen verfüge, jedenfalls aber bei der Realisierung von Vermögensgegenständen nicht hinreichend mitwirke. Mangels Beitragsbegleichung mahnte die hkk unter dem 23.1.2014 einen Betrag von 1.107,07 € (inkl. Mahngebühren und Säumniszuschlägen) gegenüber dem Kläger an. Dieser beantragte sodann am 24.1.2014 bei der Beklagten neben dem Regelbedarf und den „Kosten für Wohnen“ die Übernahme dieses Betrages, weil sich das Jobcenter weigere, ihm existenzsichernde Leistungen zu zahlen. Mit Bescheid vom 29.1.2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 16.2.2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.2.2014 zurück, weil der Kläger dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sei.

Zwischenzeitlich stellte der Kläger am 14.2.2014 einen neuen Antrag bei der Beklagten, den diese mit Bescheid vom 17.2.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.2.2014 ablehnte.

Gegen den Bescheid vom 29.1.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.2.2014 hat der Kläger am 24.2.2014 Klage erhoben, mit der er insbesondere die Übernahme der Forderung der hkk von 1.107,07 € für die Zeit vom 1.6.2013 bis Dezember 2013 einschließlich Mahngebühren und Säumniszuschlägen, hilfsweise die Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Verpflichtung der Beklagten auf Benennung und Bezifferung der ihm ihrer Auffassung nach vom 1.6.2013 bis 28.2.2014 zur Verfügung gestandenen Einkommensquellen („bereite Mittel“) begehrt. Sein Existenzminimum sei infolge der vom Jobcenter abgelehnten Leistungen nicht gesichert. Der Leistungsausschluss nach dem SGB XII greife nicht, weil hierzu bereite Mittel bei ihm vorhanden sein müssten, an denen es fehle. Im Übrigen umfasse der Leistungsausschluss nach dem SGB XII jedenfalls nicht einen Anspruch nach § 39 Satz 2 SGB XII, weil er mit seiner Mitbewohnerin, deren Pflegeperson er sei, nicht gemeinsam wirtschafte.

Die Beklagte hat eingewandt, der Kläger habe keinen Grundsicherungsanspruch. Aufgrund des Erbes von Vermögen sei er nicht bedürftig.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.8.2014 (- S 16 AS 967/13 -) wies das SG Osnabrück eine Klage des Klägers, mit der er Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Juni 2013 begehrt hat, ab, weil er seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen habe. Die dagegen eingelegte Berufung wies das LSG Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 12.5.2015 (- L 15 AS 270/14 -) zurück. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hob das BSG (Beschluss vom 9.3.2016 - B 14 AS 153/15 B -) das Urteil des LSG auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das LSG zurück. Daraufhin wies das LSG die Berufung des Klägers, betreffend den Zeitraum vom 1.6.2013 bis 30.11.2013, erneut zurück (- 15 AS 86/16 ZVW -). Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das BSG als unzulässig (Beschluss vom 11.6.2017 - B 14 AS 426/16 B -). Das LSG Niedersachsen-Bremen entschied ferner rechtskräftig über Ansprüche des Klägers nach dem SGB II für die Zeit vom 1.12.2013 bis u.a. die Zeit ab dem 1.6.2014 (Ablehnungsbescheid des Jobcenters vom 30.1.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2014 über den Antrag vom 25.11.2013; Ablehnungsbescheid des Jobcenters Osnabrück vom 16.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2014 zum Antrag vom 13.5.2014) (Urteile des LSG vom 29.8.2016, - L 15 AS 223/16 - und 12.5.2015 bzw. 25.10.2016 - L 15 ...

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