Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Aufforderung zur Vorlage einer Prozessvollmacht bei Rechtsanwälten nur im Einzelfall. Rechtslage ab dem 1.7.2008
Leitsatz (amtlich)
Eine Aufforderung zur Vorlage einer Prozessvollmacht kommt nach dem seit dem 1.7.2008 geltenden Recht von Amts wegen nur noch in besonders gelagerten Fällen in Betracht, etwa wenn die gegnerische Partei den Mangel der Vollmacht rügt oder wenn das Gericht Erkenntnisse hat, die am Vorliegen einer wirksamen Bevollmächtigung zweifeln lassen.
Normenkette
SGG § 73 Abs. 2, 6 Sätze 1-2, 5
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 11. Juli 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit an das Sozialgericht Oldenburg zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt der Entscheidung des Sozialgerichts Oldenburg vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheides, mit welchem die Beklagte vom Kläger Kinderzuschlag nach § 6 a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zurückgefordert hat.
Mit Bescheid vom 15. Juni 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger, der bereits für vorausgegangene Zeiträume Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG bezogen hatte, für den genannten Zeitraum Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 325,00 €, wobei sie die Bewilligung ausdrücklich unter den Vorbehalt der Rückforderung stellte. Diesen Vorbehalt begründete sie mit schwankendem Einkommen des Klägers und einer beabsichtigten Überprüfung anhand später vorzulegender Unterlagen über die tatsächlich erzielten Einkünfte des Klägers. Mit Bescheid vom 24. Januar 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen errechne sich bei abschließender Prüfung des Bewilligungszeitraumes von Juni 2010 bis Dezember 2010 - bedingt durch einen Wechsel des Arbeitgebers zum Juli 2010 - aufgrund höheren zugrunde zu legenden Einkommens als zunächst angenommen, welches den Gesamtbedarf übersteige, kein Anspruch auf Kinderzuschlag mehr (§ 6 a Abs. 1 Nr. 4 BKGG). Demnach sei Kinderzuschlag in Höhe von 1.950,00 € zu Unrecht gezahlt worden. Der gemäß § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlte Kinderzuschlag sei vom Kläger zu erstatten.
Den hiergegen vom Kläger durch einen Bevollmächtigten - Herrn E. - eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. März 2011 unter näherer Darlegung des erzielten Einkommens und der gesetzlichen Bestimmungen zurück; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen.
Der Kläger hat - nunmehr anwaltlich vertreten - durch seine Prozessbevollmächtigten am 15. April 2011 fristgerecht Klage erhoben, welcher die Beklagte entgegen getreten ist. Nach Klageeingang hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg von den Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Originalvollmacht angefordert und hat diese Aufforderung mit Schreiben vom 7. Juni 2011 bekräftigt, indem der Kammervorsitzende den Erlass eines Gerichtsbescheides gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angekündigt hat, verbunden mit der hervorgehobenen Anmerkung, die Klage werde als unzulässig abgewiesen, wenn die Vollmacht nicht fristgerecht innerhalb von drei Wochen im Original übersandt werde.
Mit am 30. Juni 2011 beim SG Oldenburg eingegangenen Schriftsatz haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers an die bereits zuvor beantragte Akteneinsicht erinnert und haben die Klagebegründung nach erfolgter Akteneinsicht in Aussicht gestellt. Die angeforderte Vollmacht hat diesem Schriftsatz nicht beigelegen.
Das SG Oldenburg hat mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2011 die Klage ohne weitere Zwischenkorrespondenz mit der tragenden Begründung abgewiesen, die Klage sei unzulässig, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers trotz gerichtlicher Aufforderung eine schriftliche Bevollmächtigung nicht nachgewiesen und damit die Klage als Nichtbevollmächtigter erhoben habe.
Nachdem der Gerichtsbescheid am 13. Juli 2011 den Prozessbevollmächtigten des Klägers zustellt worden war, haben diese am 20. Juli 2011 eine am 15. Juli 2011 unterschriebene Vollmacht des Klägers dem Gericht eingereicht.
Mit am 10. August 2011 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangenem Schriftsatz haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers für diesen Berufung eingelegt und haben sich darauf berufen, mit Schreiben vom 6. Juni 2011 sei nach Aufforderung des Gerichts die Prozessvollmacht im Original eingereicht worden. Im Zusammenhang mit der per Schriftsatz vom 29. Juni 2011 erfolgten Erinnerung an die Akteneinsicht sei dem unterzeichnenden Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt F., fernmündlich mitgeteilt worden, dass die Prozessvollmacht bei Gericht nicht eingegangen sei. Daraufhin sei die zweite Prozessvollmacht übersandt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom ...