nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Hannover (Entscheidung vom 19.06.2002; Aktenzeichen S 43 KA 1150/98)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 19. Juni 2002 und der Bescheid des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 1. Juli 1998 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendete sich gegen die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 4.000,00 DM durch den Disziplinarausschuss der Beklagten.

Der Kläger führte mit der Zahnärztin Dr. F., geb. G., eine Gemeinschaftspraxis in H. am I. 105. Im I. 12 befindet sich das Wohnstift der J. GmbH (im Folgenden: K.). Dort leben mehrere Hundert ältere Menschen. In dem Haus befindet sich auch die Praxis eines Allgemeinarztes.

Mitte 1997 installierten die Partner der Gemeinschaftspraxis in den Räumen des im K. praktizierenden Allgemeinarztes zahnärztliche Behandlungseinrichtungen für mehrere zehntausend DM. Mit einem Rundschreiben vom 11. Juni 1997 teilten sie allen Bewohnern und Bewohnerinnen des L. insbesondere Folgendes mit:

"Nachdem wir bereits viele von Ihnen in unserer Praxis im I. kennen lernen durften, hatten wir die Idee, Ihnen mit der Einrichtung unserer Zweigpraxis direkt in Ihrem Haus ein Stückchen entgegenzukommen. Sie finden uns ab Dienstag, den 17. Juni 1997 direkt neben der Praxis Dr. M ...

Behandlungszeiten: Dienstag 9.00 - 12:00 Uhr Donnerstag 9:00 - 12:00 Uhr ..."

Entsprechend dieser Ankündigung behandelte jeweils ein Partner der Gemeinschaftspraxis seit dem 17. Juni 1997 dienstags und donnerstags jeweils von 9 bis 12 Uhr Bewohner des K.es in dem von ihnen mit zahnärztli- chen Behandlungseinrichtungen bestückten Raum der Allgemeinarztpraxis; der jeweils andere Partner nahm während dieser Zeit die Sprechstunden in der Hauptpraxis am I. 105 wahr.

Mit Bescheid vom 20. August 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides von 22. September 1997 gab die Beklagte den Partnern der Gemeinschaftspraxis - unter gleichzeitiger Ablehnung eines von ihr angenommenen Antrages auf Genehmigung einer Zweigarztpraxis - auf, "den Betrieb der Zweigpraxis im K. zu beenden und ihre dortige Tätigkeit auf das Maß einer gelegentlichen Besuchsbehandlung zu reduzieren". Die gegen dieses Verbot von den Partnern der Gemeinschaftspraxis erhobene Klage hatte in zweiter Instanz Erfolg: Mit Urteil vom 29. November 2000 (L 3/5 KA 15/98) hob der Senat unter Abänderung des vorausgegangenen sozialgerichtlichen Urteils den Bescheid der Beklagten vom 20. August 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. September 1997 auf, soweit den Klägern aufgegeben worden war, den Betrieb der Zweigpraxis zu beenden und ihre dortige Tätigkeit auf das Maß einer gelegentlichen Besuchsbehandlung zu reduzieren. Zur Begründung legte der Senat in seinem damaligen Urteil dar, dass es der angefochtenen Verbotsverfügung sowohl an der erforderlichen Bestimmtheit als auch an der notwendigen Ermächtigungsgrundlage fehle. Auch habe die Beklagte übersehen, dass die Kläger im K. schon deshalb keine Zweigpraxis im Rechtssinne betrieben hätten, weil sich ihr dortiges Angebot nur an die Heimbewohner und damit nicht an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet habe. Darüber hinaus habe die Beklagte versäumt, die Gründe für die Ausübung ihres Ermessens in dem angefochtenen Bescheid ausreichend darzulegen. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Juni 2001 (B 6 KA 81/00 B-) zurückgewiesen.

Regelmäßige Behandlungszeiten an zwei Tagen in der Woche in der vorstehend erläuterten Form boten die Partner der Gemeinschaftspraxis im K. bis zum 25. Februar 1998 an. Seitdem ist die Zahnärztin Dr. F., soweit nach Aktenlage ersichtlich, dort nicht mehr tätig. Der Kläger hat erklärt, dass er seit Ende Februar 1998 Behandlungen im Wohnstift nur noch auf Anforderung des dort niedergelassenen Allgemeinmediziners vornimmt. In solchen Fällen werde dann jeweils ein Behandlungstermin mit dem Fachpersonal oder dem Patienten abgesprochen.

In seiner Sitzung vom 29. Oktober 1997 beschloss der Vorstand der Beklagten, gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Mit Schreiben vom 20. November 1997 teilte der Vorsitzende des Disziplinarausschusses dem Kläger mit, dass ihm zur Last gelegt werde, seit dem 17. Juni 1997 in dem K. in H. ohne Genehmigung der Beklagten eine Zweigpraxis mit Behandlungszeiten am Dienstag und Donnerstag jeweils von 9 bis 12 Uhr zu betreiben und damit gegen § 6 Abs. 6 des Bundesmantelvertrages-Zahnärzte (BMV-Z) zu verstoßen.

Mit Beschluss vom 1. Juli 1998, dem Kläger zugestellt am 22. Oktober 1998, verhängte der Disziplinarausschuss der Beklagten gegen den Kläger eine Geldbuße in Höhe von 4.000,00 DM und legte ihm zugleich die Tragung der allgemeinen Kosten des Verfahrens bis zu einem Betrag von 500,00 DM sowie der entstandenen baren Auslagen auf. In de...

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