nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Bremen (Entscheidung vom 28.10.1996; Aktenzeichen S 23 RI 105/94)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 28. Oktober 1996 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1992 nicht aufgehoben, sondern die Beklagte zu dessen Aufhebung verpflichtet wird. Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger aufgrund von Berufsunfähigkeit eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen ist. Der am 1. März 1946 geborene Kläger durchlief in der Türkei von 1963 bis 1966 eine Ausbildung zum Schweißer und Schmied. Von Juni 1971 bis Februar 1973 war er als Schweißer in den Niederlanden tätig, ab Juni 1973 in Deutschland. Unter anderem war er bei der Firma I. als Elektroschweißer im Apparatebau (Speisewasserbehälter, Hochdruck-, Niederdruckerwärmer und andere Wärmetauscher, überwiegend für Kraftwerke), anschließend bei der Firma J. mit Lichtbogen-Handschweißarbeiten und von April 1979 bis November 1987 bei der Firma K. als Schutzgasschweißer im Karussellbau beschäftigt; er war in die Lohngruppe IX des Lohnrahmentarifvertrages für die Metallindustrie im Unterwesergebiet eingruppiert. Ab November 1987 bestand bei dem Kläger Arbeitsunfähigkeit, ab April 1990 ist er arbeitslos gemeldet.

Im November 1991 stellte der Kläger bei der Beklagten einen (zweiten) Rentenantrag unter Hinweis auf eine Staublunge, einen Meniskusschaden beiderseits, einen Bandscheibenschaden sowie Schmerzen im rechten Arm. Die Beklagte zog verschiedene medizinische Unterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung durch die Internistin Dr. L. sowie den Orthopäden Dr. M ... Mit Gutachten vom 12. April/7. Mai 1992 stellten die Gutachter folgende Diagnosen: Rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Lendenwirbelsäulen-Stellungsfehler und geringen degenerativen Veränderungen mit Funktionseinschränkung; rechtsseitige Zervikobrachialgien bei degenerativen Halswirbelsäulen-Veränderungen mit Funktionseinschränkung; Gonalgien bei dezent beginnenden retropatellar-arthrotischen Veränderungen beiderseits; leichte Schweißersiderose ohne wesentliche Lungenfunktionsstörung. Die Gutachter vertraten die Auffassung, der Kläger könne vollschichtig körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, ohne Zwangshaltungen, Arbeiten mit häufigem Bücken sowie schweren Hebe- und Tragebelastungen; den erlernten Schweißerberuf könne er nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig ausüben.

Mit Bescheid vom 9. Juni 1992 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, er könne noch Tätigkeiten als Werkzeugausgeber, Qualitätsprüfer in der industriellen Fertigungskontrolle oder als Montierer, Stanzer oder Etikettierer verrichten.

Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1992 zurückgewiesen.

Am 23. Februar 1993 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10). Er machte unter Vorlage von Zeugnissen geltend, dass er die Qualifikation eines Facharbeiters besitze und daher nicht auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne. Die Beklagte holte eine Auskunft des Instituts für Schweißtechnik (Frankfurt/Main) vom 29. September 1993 ein, in der eine Ausbildungsdauer von bis zu 250 Stunden angegeben wurde. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1993 lehnte die Beklagte die Rücknahme ihres Ablehnungsbescheides mit der Begründung ab, die Ausbildungsdauer betrage erheblich weniger als zwei Jahre, so dass der Kläger als "angelernter Facharbeiter" anzusehen sei und auf die angeführten Tätigkeiten verwiesen werden könne.

Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 1994 mit der zusätzlichen Begründung zurückgewiesen, die tarifliche Eingruppierung könne nur ein zusätzliches Hilfsmittel für die Einordnung des bisherigen Berufs in das Mehrstufenschema sein; hier sei die erforderliche Qualifikation aber eindeutig in einer kürzeren als zweijährigen Ausbildungszeit erlangt worden.

Der Kläger hat am 2. Juni 1994 Klage beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben. Er hat durch Vorlage u. a. einer Bestätigung der Firma N. vom 28. November 1994 vorgetragen, er sei einem Facharbeiter gleichzustellen. Er habe nämlich nicht nur zwei Schweißtechniken, sondern jegliche Art von Schweißtechnik beherrscht. Er habe mit unterschiedlichen Werkstoffen gearbeitet. Qualitätsprüfer, die zur Prüfung von Schweißnähten eingesetzt seien, seien den dort vorhandenen Umwelteinflüssen ausgesetzt und müssten auch Zwangshaltungen einnehmen. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass er innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungszeit die für die Qualitätsprüfung eingesetzten Geräte kennen lernen könne.

Die Beklagte hat zur Erwiderung eine Stellu...

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