nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Bremen (Entscheidung vom 21.08.2002; Aktenzeichen S 22 AL 88/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 21. August 2002 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2001 aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist eine rückwirkende teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und dessen Erstattung nach Bekanntwerden eines Lohnsteuerklassenwechsels.
Der 1946 geborene Kläger war langjährig als Modelltischler in der Modellwerkstatt seines Vaters tätig. Das Arbeitsverhältnis endete wegen Konkurses zum 30. Juni 1998. Vom 21. Februar 1996 bis 19. Juni 1998 hatte der Kläger Krankengeld bezogen. In der Lohnsteuerkarte 1998 war zunächst die Steuerklasse I eingetragen. Am 5. Mai 1998 wurde die Steuerklasse IV, gültig ab 13. März 1998, eingetragen, am 10. Juli 1998 wurde zusätzlich ein Kinderfreibetrag von 0,5, gültig ab 1. Januar 1998, eingetragen.
Am 14. Juli 1998 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte Alg, das ihm aufgrund einer Verfügung vom 7. August 1998 auf der Grundlage der Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse IV) und eines tariflichen Arbeitsentgelts in Höhe von DM 976,80 wöchentlich mit einem wöchentlichen Leistungssatz von DM 381,50 (DM 54,50 kalendertäglich) gewährt - in der Folgezeit entsprechend den gesetzlichen Vorschriften angepasst - wurde.
Im September 2000 legte der Kläger im Zusammenhang mit dem Antrag auf Anschlussarbeitslosenhilfe (Anschluss-Alhi) die Lohnsteuerkarte 1999 vor, die durch Eintragung vom 15. Dezember 1998 von der Steuerklasse IV auf Steuerklasse V geändert worden war. Gleichzeitig wurde vermerkt, dass die Lohnsteuerkarte für 2000 ebenfalls auf Steuerklasse V abgeändert worden war.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte die Bewilligung von Alg mit Bescheid vom 18. Januar 2001 für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 9. September 2000 teilweise - in Höhe von DM 9.498,90 - auf und verlangte Erstattung. Der Kläger sei seiner Anzeigepflicht nicht richtig nachgekommen.
Im Widerspruchsverfahren erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Februar 2001 im Einzelnen, welche Bescheide mit welchem Inhalt über das Alg in der fraglichen Zeit insgesamt ergangen sind und wie sich die Überzahlung berechnet (Differenz zwischen Leistungsgruppe A - Lohnsteuerklasse IV und Leistungsgruppe D - Lohnsteuerklasse V). Nachdem der Kläger weiterhin die Auffassung vertreten hatte, dass die Feststellung einer Überzahlung aufgrund einer Änderung der Lohnsteuerklasse nicht gerechtfertigt sei, wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 5. März 2001 zurück.
Am 9. März 2001 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben und weiterhin geltend gemacht, ein niedrigeres Alg aufgrund einer Änderung der Steuerklasse sei nicht gerechtfertigt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 21. August 2002 hat er erklärt, vor dem Eintritt in die Alhi habe er sich keine Gedanken gemacht, dass er Angaben über seine Lohnsteuerklasse machen müsse und daher die Lohnsteuerkarte auch nicht vorgelegt. Er habe auch nicht gewusst, dass sich seine Lohnsteuerklasse ändere, wenn seine Frau eine andere Lohnsteuerklasse wähle und dass die Lohnsteuerklasse Einfluss auf den Leistungsbezug habe. Das Merkblatt für Arbeitslose habe er bei seiner Arbeitslosmeldung bekommen und es auch durchgelesen.
Mit Urteil vom 21. August 2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten sei zu Recht ergangen, da der Kläger den Lohnsteuerklassenwechsel nicht angezeigt habe und eine wesentliche Änderung i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) vorgelegen habe. Die Mitteilungspflicht über für den Leistungsbezug erhebliche Umstände ergebe sich aus § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeine Vorschriften - (SGB I). Die Lohnsteuerklasse sei nach § 137 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) erheblich, nach § 137 Abs. 3 Satz 2 und 3 würden spätere Änderungen berücksichtigt. Nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 werde die Änderung berücksichtigt, wenn das Alg nach der geänderten Steuerklasse niedriger sei, wie es hier der Fall sei. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestünden keine Bedenken. Die im SGB III erfolgte Regelung, dass eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit nicht mehr stattfinde, wenn das Alg danach geringer sei, diene der Verwaltungsvereinfachung.
Gegen dieses ihm am 21. November 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Dezember 2002 (einem Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er macht (weiterhin) geltend, maßgeblich sei nach dem Gesetz allein die Lohnsteuerklasse, die ein Arbeitnehmer bei Eintritt der Arbeitslosigkeit gehabt habe. Nach der Grundbestimmung des § 129 SGB III betrage das Alg in seinem Fall 67% des pauschalierten monatlich...