Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten. Krankenhausbehandlung. ärztliche Leistungserbringung durch Vertragsarzt

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kinderarzt hat keinen vertragsärztlichen Anspruch auf Abrechnung von im Krankenhaus am Neugeborenen durchgeführten Basisuntersuchungen, wenn er weder als Belegarzt noch als vom Belegarzt hinzugezogener Arzt tätig geworden ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 07.02.2007; Aktenzeichen B 6 KA 56/06 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5. März 2003 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen notwendigen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Vergütungsanspruch des Klägers für 85 Fälle im 2. Quartal 2000 streitig, in denen er im I., (Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1.) U 2-Vorsorgeuntersuchungen (Ziff. 142 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs - EBM -) erbracht hat.

Der Kläger ist ein als Vertragsarzt zugelassener Facharzt für Kinderheilkunde mit Praxissitz in J., K.. Bei Aufnahme seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Jahre 1981 vereinbarte er mit dem gynäkologischen Belegarzt im I., dass er künftig die U 2-Vorsorgeuntersuchungen bei den Neugeborenen auf der Belegstation übernehmen werde. Diese Vorsorgeuntersuchungen im Krankenhaus führte der Kläger durchgehend bis zu Beginn des Jahres 2000 mit stillschweigender Duldung der im Umkreis niedergelassenen Kinderärzte durch und wurden durch die Beklagte vertragsgemäß vergütet.

Vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2001 stellte die Beigeladene zu 1. einen Kinderarzt, Herrn Dipl. med. L., halbtags ein, der in dieser Zeit neben mit dem Kläger die U 2-Vorsorgeuntersuchungen in der gynäkologischen Belegabteilung des Krankenhauses durchführte. Herr L. war gleichzeitig halbtags bei einer anderen Vertragshausärztin in M. (N.) angestellt.

Nachdem der Kläger sich im Februar und März 2000 darüber beschwert hatte, dass er allein nach der Vereinbarung mit dem Krankenhaus seit 18 Jahren die U 2-Untersuchungen durchführe, während Herr L. nach seiner Auffassung hierzu nicht berechtigt gewesen sei, weil dieser nicht als Vertragsarzt zugelassen war, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 7. März 2000 mit, dass eine Abrechnung der U 2-Vorsorgeuntersuchungen am I. durch niedergelassene Kinderärzte seit dem 1. Januar 2000 nicht mehr möglich sei, weil ab diesem Zeitpunkt Herr L. im Krankenhaus angestellt sei und es sich nunmehr um eine Krankenhausleistung handele. Daran hielt sich der Kläger nicht und führte weiterhin U 2-Vorsorgeuntersuchungen bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1. durch.

Mit Bescheid vom 11. August 2000 und Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2000 teilte die Beklagte mit, dass aus der Abrechnung des Klägers für das 2. Quartal 2000 85 Fälle von U 2-Vorsorgeuntersuchungen am I. zurückgestellt würden, weil diese Leistungen im betreffenden Quartal durch einen Krankenhausarzt sichergestellt gewesen seien. Weitere 16 Fälle, bei denen neben den U 2-Vorsorgeuntersuchungen der Kläger weitere Leistungen erbracht hatte, rechnete die Beklagte nachträglich ab.

Mit der bereits am 18. September 2000 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass das Fach Kinderheilkunde im Sinne des § 41 Abs 6 Bundesmanteltarifvertrag-Ärzte (BMV-Ä) am I. nicht vertreten sei, so dass die von Herrn L. erbrachten Leistungen nicht durch den Pflegesatz erfasst seien. Er sei durch die gynäkologische Belegabteilung hinzugezogen worden. Die U 2-Vorsorgeuntersuchungen seien deshalb als ambulante Leistungen abzurechnen.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, dass dem Kläger kein subjektiv-öffentliches Recht auf Erbringungen dieser Leistungen zugestanden habe. Die Tätigkeit des Kinderarztes L. auf der gynäkologischen Station der Beigeladenen zu 1. stelle Leistungen des Krankenhauses dar, unabhängig davon wie diese abgerechnet worden seien.

Das Sozialgericht (SG) Hannover hat mit Urteil vom 5. März 2003 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die zurückgestellten 85 Fälle zu vergüten. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage sei § 41 Abs 6 BMV-Ä Primärkassen bzw § 33 Abs 6 BMV-Ä Ersatzkassen. Danach dürfe ein Belegarzt einen anderen Vertragsarzt hinzuziehen, wenn das betreffende Fach von dem Krankenhaus nicht vertreten sei. Der Kläger sei, auch nachdem Herr L. bei der Beigeladenen zu 1. als Angestellter beschäftigt gewesen sei, weiterhin für die U 2-Vorsorgeuntersuchungen beigezogen worden. Dabei habe die Beigeladene zu 1. nicht über eine eigene kinderärztliche Abteilung verfügt. Die halbe Stelle des Herrn L. führe nicht dazu, dass von einem Fach im Sinne der obigen Vertragsregelungen gesprochen werden könne.

Gegen das am 21. März 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. April 2003 Berufung eingelegt. Sie trägt...

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