Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegezeit als Berücksichtigungszeit vom 1.1.1992 bis 31.3.1995. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. versäumte Antragsfrist
Orientierungssatz
1. Berücksichtigungszeiten einer nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen nach § 57 Abs 2 SGB 6 bzw § 249b SGB 6 in der Zeit vom 1.1.1992 bis 31.3.1995 können bei Versäumen der Antragsfrist nicht mehr berücksichtigt werden.
2. Aus einer unterbliebenen oder ungenügenden Aufklärung folgt grundsätzlich kein Herstellungsanspruch (vgl BSG vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R = SozR 4-1200 § 14 Nr 5).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Gewährung einer Altersrente um die Anerkennung einer Berücksichtigungszeit wegen Pflegetätigkeit.
Die ... 1939 geborene Klägerin hatte im März 2002 die Gewährung einer vorzeitigen Altersrente beantragt. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 28.03.2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002, mit der Begründung abgelehnt, die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren sei nicht erfüllt, die Klägerin hätte nur eine Wartezeit von 31 Jahren und 11 Monaten zurückgelegt.
Im sich daran anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg (SG) 4 RJ 8/03 trug die Klägerin vor, während des Zeitraumes zwischen dem 01.01.1992 und dem 31.03.1995 ihren behinderten Sohn K gepflegt zu haben. Diese Zeit sei als Berücksichtigungszeit anzuerkennen, was zur Folge habe, dass die allgemeine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt sei. Sie hätte seinerzeit am 05.07.1996 einen Antrag auf Anerkennung der Pflegetätigkeit gestellt, der mit Bescheid vom 12.02.1997 wegen des Fehlens eines (rechtzeitig gestellten) formellen Antrags abgelehnt worden sei. Auch wenn sie damals die entsprechende Antragsfrist versäumt habe, hätte sie aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im Nachhinein einen Anspruch auf Berücksichtigung dieser Zeit, weil die ... Hannover als Rechtsvorgängerin der Beklagten es im Jahre 1989 versäumt hätte, auf eine entsprechende Anfrage sie zu beraten. Sie hätte mit Schreiben vom 15.03.1989 um Auskunft gebeten, ob für ihren Sohn im Hinblick auf dessen Pflegebedürftigkeit weitere Antragszeiten anerkannt werden könnten. Dieses Schreiben hätte die ... unbeantwortet gelassen. Im Verfahren 4 RJ 8/03 hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihre Klage zurückgenommen, ein Widerruf dieser Erklärung blieb erfolglos. Das Fortführungsverfahren zum Aktenzeichen 4 RJ 86/04 endete am 15.03.2006 mit Berufungsrücknahme.
Mit Schreiben vom 13.06.2006 beantragte die Klägerin gem. § 44 SGB X die erneute Überprüfung des Bescheides vom 28.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2002 sowie eines in der Zwischenzeit ergangenen Bescheides über die Gewährung einer Regelaltersrente vom 23.06.2004. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 31.07.2006, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2006 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Klage hatte keinen Erfolg. Sie wurde vom SG mit Urteil vom 16.12.2008 abgewiesen.
Zur Begründung führte das Gericht aus, grundsätzlich habe zwar die Möglichkeit bestanden, gem. § 57 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31.03.1995 geltenden Fassung auf Antrag frühere Pflegezeiten als Berücksichtigungszeiten noch anerkennen zu lassen. Doch habe die Klägerin in dieser Zeit keinen Antrag gestellt gehabt. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch helfe der Klägerin nicht weiter, da die Beklagte sich keine Pflichtverletzung vorwerfen lassen müsse. Die fehlende Beantwortung des Schreibens der Klägerin vom 15.03.1989 wirke sich nicht aus, da das Gesetz, auf das die Klägerin ihren Anspruch stütze, erst 1992 in Kraft getreten sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 22.12.2008 zugestellte Urteil am 22.01.2009 Berufung eingelegt, die sie mit ihrem Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren begründet.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 16.12.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 31.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2006 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin unter Anerkennung des Zeitraumes vom 01.01.1992 bis zum 31.03.1995 als Berücksichtigungszeit Versicherungsrente für langjährig Versicherte sowie eine höhere Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und hält das Urteil des Sozialgerichts für rechtmäßig.
Die Beigeladene, bei der die Klägerin versichert ist, hat keinen Antrag gestellt. Sie hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter anstelle des Senats über die Berufung im schriftlichen Verfahren entscheidet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die...