Verfahrensgang
SG Bremen (Urteil vom 19.02.1999; Aktenzeichen S 13 AL 11/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Sozialgerichts Bremen vom19. Februar 1999 abgeändert.
Der Bescheid vom 8. November 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1995 wird aufgehoben, soweit die Anrechnung von Einkommen auf die Arbeitslosenhilfe für den Monat Oktober 1995 auf einer Berücksichtigung eines Bruttoeinkommens von mehr als DM 698,60
beruht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Nebeneinkommen bei der Höhe der Arbeitslosenhilfe (Alhi). Das Sozialgericht (SG) Bremen hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Die 1960 geborene, ledige Klägerin hat zwei am 30. November 1984 und am 21. Februar 1995 geborene Kinder. Sie ist von Beruf Sozialwissenschaftlerin. Seit August 1990 bezieht sie mit Unterbrechungen von der Beklagten Leistungen. Vom 21. Februar 1995 bis zum 20. Februar 1996 erhielt sie Erziehungsgeld, daneben ab 19. April 1995 auch wieder Alhi. Ab 1. September 1995 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alhi in Höhe von DM 414,60 wöchentlich.
Mit Schreiben vom 3. November 1995 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie im Oktober 1995 einen Nebenverdienst von DM 1.117,80 durch journalistische Honorartätigkeit erzielt habe. Für die Erzielung dieses Einkommens habe sie folgende Kosten gehabt, die bei der Anrechnung auf die Alhi zu berücksichtigen seien: Kinderbetreuungskosten in Höhe von DM 580,00, Fahrkosten in Höhe von DM 58,00 und Telefonkosten in Höhe von ca. DM 50,00. Sie fügte eine Quittung der Kinderbetreuerin über den Erhalt von DM 580,00 für Kinderbetreuung im Monat Oktober 1995 bei. Mit Bescheid vom 8. November 1995 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi in Höhe von DM 429,91 teilweise auf, da die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Oktober 1995 DM 1.117,80 verdient habe, wovon DM 108,00 (Fahrkosten und Telefon) abzusetzen seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 23. November 1995 Widerspruch ein. Die Kinderfrau komme an drei Vormittagen in der Woche für drei Stunden und beaufsichtige ihre jüngste Tochter. Deshalb könne sie nur an diesen drei Vormittagen ihrem Nebenerwerb nachgehen. In der Regel nehme sie etwa eine Stunde an einem Gerichtsprozess teil, gehe dann in die Redaktion und schreibe dort den Artikel. Pro gedruckter Gerichtsreportage bekomme sie DM 100,00, allerdings erst in dem Monat, der auf den Druck des Artikels folge. Also seien die Kosten für die Kinderfrau Werbungskosten. Da sie – die Klägerin – Erziehungsgeld beziehe, müsse sie nicht verfügbar sein und brauche daher zur Zeit die Kinderfrau nicht für die Verfügbarkeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 1995 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die geltend gemachten Kinderbetreuungskosten seien keine Werbungskosten im Sinne des § 9 Einkommensteuergesetz (EStG), da sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen ständen. Kinderbetreuungskosten seien im Rahmen der steuerlichen Veranlagung lediglich als außergewöhnliche Belastungen nach § 33c EStG zu berücksichtigen.
Am 9. Januar 1996 hat die Klägerin beim SG Bremen Klage erhoben. Sie habe zur Erzielung ihres Einkommens, das auch die Beklagte entlaste, zwar steuerlich dem Grunde nach anzuerkennende, aber tatsächlich nicht absetzbare außergewöhnliche Belastungen durch die Kinderbetreuungskosten, da sie nur geringfügige Nebeneinkünfte erziele und daher steuerlich freigestellt sei. Mithin werde sie gegenüber Berufstätigen oder gegenüber Teilnehmern von Fortbildungsmaßnahmen bei der Beklagten erheblich schlechter gestellt. So entfalle für sie jeglicher Anreiz zur Erwirtschaftung von Nebeneinkommen und damit ggf. zur Integration in den Arbeitsmarkt. Es sei mit dem Gleichheitsgrundsatz bzw. dem Diskriminierungsverbot gegenüber Frauen (Art. 3 Grundgesetz – GG -/ Art. 4 der EG-Richtlinie 79/7 vom 19.12.1978 nicht vereinbar, dass für den Personenkreis der kurzzeitig beschäftigten Bezieherinnen von Arbeitslosenunterstützungsleistungen notwendige Kinderbetreuungskosten für die Erzielung von Einkommen nicht absetzbar seien. Das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) habe den Einkommensbegriff für die Arbeitslosenhilfe ausdrücklich eigenständig gestaltet und insbesondere vom Steuerrecht gelöst. Dies bedeute, dass Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen von diesen abzusetzen seien, soweit sie damit wirtschaftlich im Zusammenhang ständen. Es komme mithin nicht mehr darauf an, dass die Aufwendungen unmittelbar für die Erzielung des Einkommens anfielen, sondern es könnten auch solche Aufwendungen von den Einnahmen abgesetzt werden, die diese effektiv schmälerten, so dass sie für die Bestreitung des Lebensunterhalts nicht zur Verfügung ständen. Im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei in § 76 Abs. 2 Satz 4 eine ähnlic...