Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Celle-Bremen vom 16.10.2007 - L 11 AY 50/06, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der ... 1986 geborene Kläger reiste am 29. März 1993 zusammen mit seinen Eltern und seinen Geschwistern (vgl. Verfahren L 11 AY 28/05) in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Bezüglich des Sachverhaltes wird insoweit auf den Tatbestand des Urteils vom heutigen Tage im Verfahren L 11 AY 28/05 verwiesen.
Der Kläger bezieht seit Jahren Leistungen nach AsylbLG. Bis zum 1. Oktober 2004 wurden ihm Leistungen in Anwendung des § 2 Abs. 1 AsylbLG gewährt. Durch Bescheid vom 27. Dezember 2004, der den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Januar 2005 regelte, wurde dem Kläger des vorliegenden Verfahrens nur noch Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 14. Januar 2005 wurde durch den Widerspruchsbescheid vom 22. März 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger im Sinne der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG die Dauer seines Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätte. Es lägen keine Gründe vor, die eine freiwillige Ausreise als unzumutbar erscheinen lassen würden. Selbst wenn der Kläger eine Ausreise in das Kosovo vermeiden wollte, bliebe es ihm unbenommen, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, in das "restliche" Staatsgebiet von Serbien und Montenegro auszureisen, so dass hier Rückkehralternativen bestünden.
Auf die hiergegen am 4. April 2005 eingelegte Klage hat das Sozialgericht Hannover durch Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2005 die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. Januar 2005 bis zum 22. März 2005 Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren. Zur Begründung hat es angeführt, dass dem Kläger auch als Roma aus dem Kosovo eine freiwillige Ausreise möglich und zumutbar sei. Nach der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG, wonach nur eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes der Gewährung höherer Leistungen entgegenstehe, könne jedoch ein Rechtsmissbrauch nicht schon dann angenommen werden, wenn der Ausländer seiner bestehenden Ausreisepflicht nicht nachkomme. Von einem Rechtsmissbrauch könne erst dann ausgegangen werden, wenn Ausländer versuchten, eine Rechtsposition unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu erlangen und auszunutzen.
Dieses sei vorliegend nicht der Fall. Gegenstand des Klageverfahrens sei nur der Zeitraum bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides.
Gegen diesen am 26. Mai 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte entsprechend der Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid am 24. Juni 2005 Berufung eingelegt (L 7 AY 26/05). Auf Anregung des Gerichts hat die Beklagte wegen des Wertes des Beschwerdegegenstand von unter 500,00 € die Berufung zurückgenommen und statt dessen am 1. August 2005 eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (L 6 AY 5/05 NZB fortgeführt unter L 11 AY 5/05 NZB). Durch Beschluss vom 11. Juli 2007 ist die Berufung zugelassen worden. Das Berufungsverfahren wird unter dem o. a. Aktenzeichen geführt.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor: Der zur Volksgruppe der Roma gehörenden Kläger könne freiwillig in das Kosovo aber auch nach Serbien und Montenegro zurückkehren. Dieses zeige auch der Erl. des MI vom 25. Juni 2004. Eine solche freiwillige Ausreise werde jedoch von dem Kläger abgelehnt. Der Kläger könne jederzeit freiwillig in das Kosovo zurückkehren, die notwendigen Papiere (EU-Lassier-Passe) würden seitens der Ausländerbehörde ausgestellt werden. Dem Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 AsylbLG in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung und auch der Gesetzesbegründung lasse sich nicht entnehmen, dass Ausländer privilegiert werden sollen, die sich weigern freiwillig auszureisen, obwohl ihnen dieses möglich und zumutbar sei. Ausländer könnten sich nicht darauf berufen, dass die Bundesrepublik zurzeit von einer zwangsweisen Rückführung absehe. Der Tatbestand des Rechtsmissbrauches sei im Übrigen dadurch erfüllt, dass die Eltern des Klägers ihm zurechenbare falsche Angaben zur Volkszugehörigkeit gemacht hätten. Bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sei nämlich angegeben worden, albanischer Volkszugehöriger zu sein, während seit dem Jahr 2000 angeben werde, Volkszugehöriger der Roma zu sein. Auch sei von den Eltern des Klägers eine gefälschte Bescheinigung des jugoslawischen Generalkonsulats vorgelegt worden, wonach von dort kein Nationalpass zu bekommen sei. Deshalb komme es auf die Zumutbarkeit der freiwilligen Ausreise nicht mehr an.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuwei...