Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung der Höhe der Verletztenrente aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalls
Orientierungssatz
1. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind als zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang i. S. von § 8 Abs. 1 SGB 7 besteht.
2. Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB 7 haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Bemessung des Grades der MdE ist Tatsachenfeststellung, die das Gericht nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG nach seiner freien gewonnenen Überzeugung trifft.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 7. Juni 2018 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2016 wird geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 8. Oktober 2020 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 vom Hundert der Vollrente zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/2 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer weiteren Unfallfolge sowie um die Bewilligung einer höheren Verletztenrente.
Der im Jahre 1968 geborene Kläger, ein gelernter Fleischer und Koch, war nach einer 1993 erfolgreich abgeschlossenen Umschulung bis 1999 als Groß- und Außenhandelskaufmann tätig. Zuletzt war er im April 2000 in einer Großbäckerei in der Arbeitsvorbereitung beschäftigt. Seitdem war er arbeitslos. Seit dem 1. Januar 2008 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Am 7. November 2000 stürzte der Kläger bei Aufräumarbeiten auf der Hausbaustelle seiner Schwester von einer Leiter. An den genauen Unfallhergang konnte er sich aufgrund seiner kurzzeitigen Bewusstlosigkeit nach dem Sturz und einer hiermit verbundenen retrograden Amnesie nicht erinnern. Der Unfallchirurg Dr. I. vom J. K., in dem der Kläger unmittelbar nach dem Unfall stationär behandelt wurde, diagnostizierte als Verletzungsfolgen eine Gehirnerschütterung, eine Brustkorbprellung rechts mit Rippenbrüchen sowie eine ausgeprägte Schulterprellung rechts mit geschlossener, mäßig dislozierter Fraktur der Clavicula (Schlüsselbein), die mit einem Rucksackverband versorgt wurde. Radiologische Kontrollen am 13. und 18. November 2000 zeigten eine gute Stellung der Clavicula. Die Sonographie ergab keinen Hinweis auf eine Rotatorenmanschettenruptur. Wegen ausgeprägter Schmerzen im Bereich der rechten Schulter erfolgte eine Schmerztherapie. Am 24. November 2000 wurde der Kläger aus der stationären in die ambulante Behandlung entlassen (Berichte des Dr. I. vom 7. Dezember 2000 und vom 30. November 2001).
Die Beklagte gewährte dem Kläger bis zum 14. April 2002 Verletztengeld (Bescheid vom 8. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2002). Die hiergegen u. a. auf die Gewährung von Verletztengeld über den 14. April 2002 hinaus gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Osnabrück mit Urteil vom 25. Februar 2010 (Verfahren S 8 U 200/02) abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 19. Januar 2012 (Verfahren L 14/3 U 119/10) zurückgewiesen. Das LSG hat in seiner Entscheidung u.a. ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, soweit der Kläger mit seiner Berufung auch die Gewährung einer Verletztenrente sowie die Feststellung von Unfallfolgen geltend gemacht habe. Insoweit fehle es bereits an entsprechenden Ausgangsentscheidungen der Beklagten mit Verwaltungsaktsqualität, das auch insoweit erforderliche Vorverfahren sei nicht durchgeführt worden. Der Kläger hat diese Entscheidung nicht angefochten.
Mit Schreiben vom 27. März 2012, Eingang bei der Beklagten am 29. März 2012, hat der Kläger u.a. einen Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente gestellt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2012 abgelehnt, weil die beim Kläger anzuerkennende Unfallfolge „knöchern ohne Funktionsstörung ausgeheilter Schlüsselbeinbruch rechts“ keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 20 vom Hundert (v.H.) bedinge. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. September 2012). Auf die hiergegen erhobene Klage hat das SG Osnabrück (Verfahren S 8 U 199/12) das fachchirurgische Gutachten des Dr. L. vom 3. Februar 2014 eingeholt. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 ein Vergleichsangebot gemacht, indem sie dem Kläger unter Abänderung der angefochtenen Bescheide ab dem 1. Januar 2008 u.a. die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. November 2000 angeboten hat. Zusätzli...