Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anerkennung weiterer Folgen eines Arbeitsunfalls. Bewertung von unfallbedingter Angst und Depression
Orientierungssatz
1. Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind als zusätzliche Folgen eines Arbeitsunfalls anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang i. S. von § 8 Abs. 1 SGB 7 besteht (BSG Urteil vom 9. 5. 2006, B 2 U 1/05 R).
2. Sind geltend gemachte Gesundheitsstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als weitere Folgen des Arbeitsunfalls auf diesen zurückzuführen, so ist deren Anerkennung nach §§ 8 Abs. 1, 56 SGB 7 ausgeschlossen.
3. Die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls ist nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB 7 ausgeschlossen, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten dadurch nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert ist.
4. Eine kurzfristige, reaktive mittelschwere Angst und Depression mit Entwicklung einer vorübergehenden psychosozialen Anpassungsproblematik und unbewusster Krankheitsfehlverarbeitung ist mit einer MdE von weniger als 20 v. H. zu bewerten.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. November 2019 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Unfallfolgen sowie um die Bewilligung einer Verletztenrente.
Der im Jahre 1969 geborene Kläger war als Fleischbeschauer beim Veterinäramt des Landkreises I. angestellt und wurde in dieser Funktion seit dem Jahre 2000 in der Schlachterei „J.“ in K. eingesetzt. Mittlerweile bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Der Kläger wurde am 31. Januar 2011 verletzt, als ihm ein Kollege bei der Arbeit mit der Faust ins Gesicht schlug und er mit dem Rücken gegen die Metallkante einer Duschkabine gestoßen wurde.
Der Kläger wurde daraufhin in das L. -Hospital in M. gebracht, wo der Durchgangsarzt Dr. N. nach einem Röntgen des Unterkiefers und des Thorax des Klägers keine Frakturen erkennen konnte. Dr. N. diagnostizierte eine Schädel- und eine Thoraxprellung links und ging davon aus, dass der Kläger voraussichtlich am 8. Februar 2011 wieder arbeitsfähig sei (vgl. dessen Bericht vom 1. Februar 2011). Nachdem der Kläger über den 8. Februar 2011 hinaus über Schmerzen am Kiefer und Kopfschmerzen klagte, veranlasst Dr. N. dessen Vorstellung beim Neurologen und Psychiater Dr. O.. Dieser diagnostizierte in seinem Bericht vom 18. Februar 2011 beim Kläger einen Zustand nach Schädelprellung, den Verdacht auf ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, symptomatische posttraumatische Cephalgien sowie eine akute Belastungsreaktion. Eine Computertomographie (CT) -Untersuchung des Neurocraniums (Teil des Schädels, der das Gehirn umschließt) und des Gesichtsschädels des Klägers am 15. Februar 2011 ergab eine unauffällige Situation von vorderer Schädelbasis und Gesichtsschädel ohne Zeichen einer aktuellen Fraktur oder Fehlstellung (vgl. Arztbrief des Radiologen P. vom 14. März 2011). Die Vorstellung des Klägers in der Klinik für Zahn-, Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie/Plastische Operationen des Klinikums Q. ergab den Verdacht auf eine Verletzung des Kiefergelenksdiskus rechts (Befundbericht des Klinikdirektors Dr. Dr. R. vom 14. Februar 2011). Eine MR-Untersuchung am 28. Februar 2011 zeigte in den Funktionsaufnahmen bei zunehmender Mundöffnung ein regelrechtes Gleiten des linken Kiefergelenkköpfchens sowie des Diskus nach ventral und caudal und ein im Vergleich zur Gegenseite verzögertes Gleiten des rechten Diskus, wobei der Nachweis einer Einklemmung nicht erbracht werden konnte (Befundbericht des Radiologen S. vom 4. März 2011). Der Kläger war nach Auffassung des Dr. N. ab dem 7. März 2011 wieder arbeitsfähig, wobei zu diesem Zeitpunkt auch keine Behandlungsbedürftigkeit mehr vorlag (vgl. dessen Mitteilung an den Beklagten vom 20. Oktober 2011).
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 10. März 2015, Eingang bei dem Beklagten am 11. März 2015, die Gewährung einer Verletztenrente beantragt hatte, zog der Beklagte neben den o.g. medizinischen Unterlagen die Unfallanzeige des Arbeitgebers des Klägers vom 11. Februar 2011 bei. Darüber hinaus nahm er Einsicht in die Akte der Staatsanwaltschaft (StA) Oldenburg (Verfahren NZS 795 Js 17411/11), welche auf die Strafanzeige des Klägers gegen dessen Arbeitskollegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hatte. Aus dieser Akte ergibt sich, dass das Amtsgericht I. das gegen den Kollegen des Klägers geführte Verfahren nach erfolgter umfangreicher Beweisaufnahme mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 gemäß § 153 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt hat (Verfahren 18 Cs 795 Js 17411/11 (239/11)). Weiterhin holte der Beklagte das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers von dessen gesetzlicher Krankenversicherung vom 14. April 2015, den Befundbericht der Psychologischen Psychotherapeutin T. v...